Haydn hätte sie geliebt

Mit Spannung blickten die Gäste der Internationalen Haydntage in Eisenstadt dem «Duell» zwischen Simone Kermes und Sonia Prina am Abend des 15. September 2012 entgegen. Obwohl die freudige Erwartung durch den Umstand der plötzlichen Erkrankung von Sonia Prina etwas getrübt wurde, erlebte das Festspielpublikum eine Sensation. Die Überraschung des Abends hieß Simone Kermes.

Hörgenuss und Augenschmaus

Simone Kermes

Zunächst und generell wurden die Gäste im Haydnsaal allein schon vom Orchester «La Sfera Armoniosa» und dessen Leiter Mike Fentross begeistert, der sich, genauso wie sein Orchester, einen Ruf als Spezialist für Musik des 17. und 18. Jahrhunderts erworben hat. Ganz dem Namen des Ensembles entsprechend bildet er mit diesem wahrlich eine harmonische Einheit. Doch es gab noch eine Steigerung: kurz nachdem die ersten Töne erklingen, betritt Simone Kermes wie eine Erscheinung den roten Teppich, vorbei am Publikum, von hinten nach vorne schreitend und anmutig in atemberaubender Robe hinauf auf die Bühne.

Schnell wird klar, obwohl aus dem «il duello» ein Soloabend wurde, die Protagonistin meistert das neue Programm, als ob es nie anders vorgesehen gewesen wäre. Und gemeinsam mit Mike Fentross scheint es als ob da zwei sind, die sich blind verstehen und sich prima ergänzen mitsamt dem Orchester. Vor allem das Publikum ist sichtlich angetan und bemerkt, das ist mal was ganz anderes. Um es mit den Worten einer erfahrenen Konzertbesucherin auszudrücken: «Das ist Pop!» Es macht förmlich Spaß dieser Frau zuzuschauen und neben den wundervollen Tönen, die sie mit ihrer Stimme erzeugt, möchte man auf keinen Fall eine der Emotionen verpassen, die sich in ihrem Gesicht wiederspiegeln. Denn auch wenn man nicht immer die Handlung versteht, um welche es gerade geht, es genügt wenn man die Mimik von Frau Kermes verfolgt und schon versteht man jedes einzelne gesungene Wort. Ein Hörgenuss und Augenschmaus gleichermaßen!

Selbst die Orchestermitglieder regte sie zu einem vergnüglichen Schmunzeln an, was der ohnehin schon heiteren Atmosphäre noch dazu eine gewisse Leichtigkeit verlieh. Bei der Zugabe konnte das Publikum dann auch nicht mehr an sich halten, und begleitete den Gesang der Diva mit tosendem Applaus.

Simone Kermes rockt den Haydnsaal

Simone Kermes «rockte» mit Haydn, Händel und Porpora den Haydnsaal – man könnte meinen das Wort rocken stamme tatsächlich vom Barock, vor allem letztere beiden Komponisten betreffend. Da sag mal einer, Klassik ist nix für junges Publikum. Von wegen! Vor allem wenn «alte Musik» so jung interpretiert wird, wie das Frau Kermes an diesem Abend gelungen ist. Und das nicht nur mit ihrer Stimme und ihren Stimmungen, die sie erzeugte, sondern auch mit ihrem Charme, Witz und ihrer ganzen Persönlichkeit.

Dieser 15. September 2012, gleichzeitig der vorletzte Tag der diesjährigen Haydnfestspiele in Eisenstadt, war Genuss auf ganzer Linie. Und wenn «il maestro» Joseph Haydn dabei gewesen wäre, er hätte seine Luigia Polzelli glatt links liegen lassen und sich statt ihrer in Simone Kermes verliebt. Aber er war mit Sicherheit irgendwo im Raum und hat gestrahlt vor Entzückung.

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