Narren im Schafspelz

Es ist Fasching in Mohács (Süd-Ungarn, in der nähe von Pécs, Kulturhauptstadt 2010).  Männer im Schafspelz treiben sich in den Straßen herum. Mit selbstgebastelten Instrumenten, Kuhschellen an den Gürteln, erzeugen sie  ein Getöse, wie beim Almabtrieb von tausenden Rindviechern im Zillertal. Erschrecken die Leute fast zu Tode.

Trotz der furchterregenden Fratzen, sind die Männer, die sich darunter verbergen, annehmlich. Zumeist. Manchmal  jedoch zerren sie mit voller Leidenschaft an den Haaren vorbeihuschender Damen. Oder streuen eine Hand voll Mehl in deren Dekolletee.

Der «Busójárás» richtet sich nach dem christlichen Kalender und beginnt jedes Jahr sechs Tage vor der Fastenzeit, am Donnerstag. Der Karneval dauert dann auch sechs Tage lang. Von Donnerstag bis Samstag –  sogenannter Kleinfasching – dürfen sich erstmal die Jugendlichen austoben. Dann die Hauptattraktion. Es ist Sonntag. Immer mehr Busógänger finden sich in Mohács ein. Maskierte Gruppen kommen, von der gegenüber liegenden Insel, mit Booten über die Donau.  Alles trifft sich am Hauptplatz. Zehntausende Besucher aus dem In- und Ausland drängen, quetschen sich in vorderste Reihe. 15 Uhr: Der Bürgermeister begrüßt die Gäste. Volksmusikgruppen spielen auf.  In der Mitte des Platzes wird ein Feuer entzündet. Die Flammen züngeln 3 Meter hoch. Händehaltend mit den Busós tanzen Touristen um den brennenden Scheiterhaufen.

Am Montag heißt es erst einmal den „Katzenjammer“ zu vertreiben,  bevor es abends wieder zum Hauptplatz geht. Die riesige Menschenmenge vom Vortag ist geschrumpft. Der tobende Lärm erreicht dennoch die Dezibel eines Presslufthammers. Es wird musiziert und getanzt. Auf der Feuerstelle liegt ein Sarg.  Die Flammen züngeln drei Meter hoch. Asche. Der Winter findet sein Ende, schafft Platz für den Frühling!

Am folgenden Dienstag kommen die Busós zurück. Laufen durch die Straßen. Die Menschenmenge hat weiter abgenommen. Um Mitternacht ist der Hauptplatz leer gefegt.

Woher kommt diese Tradition?

Dazu muss man bis zur Türkenbelagerung zurückgehen (1526 – 1699). Der Legende nach heißt es, dass nach dem Kampf in Mohács (1526) die Türken immer größere Gebiete besetzten. Die ungarischen Jungen wurden zum Janitscharen, die Mädchen zu Haremsfrauen erzogen. Immer mehr Menschen flüchteten in die sumpfigen Donauauen um Mohács. Die Türken hatten sogar bei Tageslicht Angst dieses Gebiet zu betreten. Die Verjagten fühlten sich zunehmend freier und legten abends sogar Feuer. Eines Abends erschien ein alter Mann und sprach: „Seid nicht traurig! Das Leben von euch allen wird sich ändern! Ihr werd in eure Häuser zu euren Lieben zurückkehren. Ihr selbst werdet die Türken verjagen. Ich werde euch ein Zeichen schicken, wenn die Zeit gekommen ist. Ihr müsst bis dahin Vorbereitungen treffen:  schnitzt Gewehre aus Holz und erschreckende Masken aus Weide. Das Zeichen wird in einer Unwetternacht herbeikommen.“ Plötzlich war der Alte so schnell verschwunden, wie er gekommen war.

Am nächsten Tag begannen die Leute  Gewehre, Kleidung und Masken zu basteln. Es sollten viele Jahre vergehen, ehe sich die Prophezeiung erfüllte. Dann endlich: Windsbraut und Regenschauer zogen über das Land. Um Mitternacht erschien ein goldbekleideter Kämpfer in angsteinflößender Maske. Er zeigte ihm zu folgen, ohne Worte. Wegen des Gewitters zogen es die Türken vor in den Mohácser Häuser zu bleiben. Sie schliefen schon, als sie durch lautes Knallen geweckt wurden. Der Blick aus dem Fenster verhieß Böses. Teufelsmasken schauten ihnen entgegen. Mit dem Schrecken im Gesicht rannten sie auf und davon!

Heute kommen die Busós, so wie damals, von der Insel herüber in die Stadt –  wie in der Legende Inzwischen gehört das „Mohácsi busójárá“  zum geistigen Weltkulturerbe der  UNESCO.

Das Programm kann man 2011 ab 2. – 8. März in Mohács besuchen. Weitere Infos (leider vorläufig nur in Ungarisch)

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