Pane vrchní, einen Mocca bitte!

Die goldene Ära in der Geschichte der Prager Kaffeehauskultur war die Zeit zwischen dem Ende der Monarchie Österreich und der Ersten Republik. Vítězslav Nezval, Jaroslav Seifert, die Čapek Brüder, Karel Poláček, Jaroslav Hašek, Franz Kafka und viele weitere Schriftsteller, Journalisten, Architekten, Künstler und Unternehmer hatten ihren Stammplatz in ihren Lieblingscafés. In prachtvollen Räumen wurde unter Schwaden von Zigarettenrauch über Politik und Kunst und zwischenmenschliche Beziehungen diskutiert. Heute finden wir dieses Stimmung nur noch an wenigen Orten.

Alles begann mit dem „Araber“

Cafe Imperial

Die ersten Cafés überhaupt erblickten in Mekka das Licht der Welt, dienten rein religiösen Zwecken und wurden erst später zum Mittelpunkt der Unterhaltung und des gesellschaftlichen Geschehens. Allein in Kairo gab es im 17. Jahrhundert an die 2000 Cafés. Kein Wunder, dass diese Erfindung bald auch in Europa und in Prag selbst Einzug hielt.

Im Jahr 1714 eröffnete Georgius Deodatus Damascenus am Kleinseiter Ende der Karlsbrücke das erste Prager Kaffeehaus. Georgius Deodatus trug einen orientalischen Kaftan, ein weites Beinkleid, Stiefel mit nach oben gebogenen Spitzen und bot seinen Café zunächst auf der Straße an. Für die Prager war er daher einfach nur „der Araber“. Auf seinem Turban hatte er ein spezielles Tablett, auf dem ein Kännchen Kaffee stand. Das Getränk erwärmte er auf einer Pfanne über Kohlenglut. Für das Geld, das er mit dem Straßenverkauf verdiente, eröffnete er später im Haus „Zur Goldenen Schlange“ nahe der Karlsbrücke das erste Café Prags.

Caféhäuser im Geist der alten Zeit

Gegenüber dem Nationaltheater befindet sich eines der ältesten und beliebtesten Cafés Prags: Das Café Slavia. Seit der Eröffnung im Jahr 1863 gehört es zum traditionellen Treffpunkt von Künstlern und Intellektuellen wie etwa Franz Kafka, Rainer Maria Rilke, Jaroslav Seifert oder auch Bedřich Smetana und Antonín Dvořák. Die Interieurs des Jugendstilcafés sind von großen Fenstern durchsetzt, die einen atemberaubenden Blick auf die Prager Burg, das Nationaltheater und die Karlsbrücke bieten.

Das Café Louvre gehört zum berühmten Vermächtnis der Ersten Republik, hält jedoch Schritt mit der Zeit. Das Jugendstilcafé wurde im Jahr 1902 eröffnet und wurde schon bald von Gästen mit Rang und Namen wie Franz Kafka und Albert Einstein besucht. Auch das heutige Café Louvre weiß sich der Tradition verpflichtet: kostenlose Zeitungen, Gesellschaftsspiele, Billardzimmer stehen zur Verfügung.

Im Café Imperial fühlt man sich wie im  Orient. Die Wände und Säulen des Cafés schmücken Keramikkacheln mit Pflanzen- und Tiermotiven, die maurische Szenen darstellen.

Am westlichen Moldauufer in der Nähe der Insel Kampa liegt das Café Savoy. Mit seiner sieben Meter hohen Decke und mächtigen Kronleuchtern ist ein Kleinod im Stil der Neorenaissance. Das ursprüngliche Caféhaus Savoy feierte bereits im Jahr 1893 Eröffnung. Seinerzeit handelte sich um ein dekadentes Café, nach der „Samtenen Revolution“ 1989  mutierte es zu einer beliebten, aber ziemlich verrauchten Kneipe.

Das Café Gemeindehaus (Kavárna Obecní dum) in der Nähe des Platzes „Náměstí Republiky“ gehört zu den schönsten Cafés in Prag. Wie das Gemeindehaus selbst sind auch die Räume des Cafés mit großzügigen Fenstern, hohen Decken, Spiegeln und Kristalllüstern im Jugendstil gestaltet. Das Nobelcafé verwöhnt seine Gäste mit Torten aus eigener Herstellung.

Das Grand Cafe Orient, das einzige kubistische Café der Welt, findet man seit 1912 im eleganten Haus zur „Schwarzen Mutter Gottes“. Das weltweit einmalige kubistische Haus ist das Werk eines wahren Meisters der modernen Architektur, des Architekten „Josef Gočár“. Die Einzigartigkeit des Hauses beruht jedoch nicht allein auf der Fassade, sondern in erster Linie auf den kubistischen Raum im ersten Stock, in dem sich das Café befindet. Sie sollten unbedingt den warmen Apfelstrudel mit Karamelleis probieren.

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Heute hätte Albert Einstein seinen 133. Geburtstag (14.3.1879). Er war ein ausgesprochen genialer Wissenschaftler, dabei genügsam & friedliebend. Er hat sich kontinuierlich gegen Krieg und Gewalt verwendet.

Es lebe die gute alte Kaffeehauskultur – Nostalgie pur. Und wie eine Entführung „in“ den Serail! Schöne Alltagsträumerei der Bericht!