Polterabend im Osten


„Hopfen und Malz, Gott erhalt’s“.  Dieser Spruch garantierte im Mittelalter die Reinheit des Bieres. Mag sein, dass er auch bei Polterabenden Sinn macht. Bier ist ja der offizielle Begleiter bei der letzten Sause vor der Ehe. Genug davon konsumiert, lässt es den Verstand dahinfließen und die Zügel fallen. Schon in der Antike kannten die Griechen den Jungesellen|innen – Abschied = JGA. Er war quasi ein Prüfstein. Erwies sich der Werber als unwürdig, konnten die Eltern der Braut die Heirat verweigern.

Gut, dass es heute ein wenig moderner zugeht (?). Da wird nochmals so richtig die „Sau“ raus gelassen: Bier, Stripperinnen, alberne Kostüme und verrückte Spiele stehen auf der  „ToDo“ Liste. Reiseveranstalter haben erkannt, dass man mit der Organisation von Polterabenden gut Geld machen kann. Angeboten werden Komplettpakete mit Vorliebe für Ziele im Osten. Nach Prag rangiert Budapest in Sachen Polterabend bei deutschen Junggesellen auf Platz 2, gefolgt von Bratislava an dritter Stelle.

Das hat mehrere Gründe:

  1. Preislich günstig. Während das 0,5 l kühle Blonde in einer Wiener Bar € 4,20 oder beim Bier Esel in Köln € 4,90 kostet, zahlt man dagegen in Prag zwischen € 1,50 und 3 Euro. Zudem gibt es in Prag jede Menge Kneipen, die ihr eigenes Bier brauen.
  2. Pulsierendes Leben. Das zeigt sich auf der Straße, an den Menschen und vor allem am riesigen Angebot an Aktivitäten, die keinen Platz für Langeweile lassen.
  3. Bier, Ballern, Brüste. Das scheint hier selbstverständlicher als an anderen Orten der Welt.
  4. Deutsche Sprache. Das weiß man nach einigen Bieren zu schätzen
  5. Billigflüge. Besonders beliebt bei Engländern ist Bratislava. Die Ryanair macht es möglich. Um einen knappen Hunderter ist man am Wochenende dabei. Auch Prag und Budapest werden – von London Stansted aus – mit der Billig-Airline angeflogen.

Um herauszufinden, was Budapest zur Polterabend-Metropole macht, lohnt sich ein Blick auf die beliebtesten Aktivitäten:

Rambo: Viele Anbieter nutzen den Mythos des Ostblocks und erlauben es Touristen, mit verschiedenen Waffen am Schießstand auf Scheiben zu ballern.
Babes: Am Ende zählt bei Polterabenden das Nachtleben. Allen voran Nachtclubs und Striplokale. Ein Mix, den Junggesellen nun einmal mögen.
Bäderkultur: Um die vielen traditionsreichen Bäder – vom Gellert-Bad bis zum Szechenyi-Bad – machen Touristen gemeinhin keinen Bogen. Und so kommen auch Junggesellengruppen hier zur Ruhe.

Geiz ist geil

Die Agentur Pissup – die ihren Ursprung auf der britischen Insel hat – organisiert ausschließlich Jungesellen|innen – Abschiede. Und Männertouren mit 300 Aktivitäten in 14 Städten. „In England ist das ein noch größeres Ritual. Da kommt man zum Polterabend raus aus der Stadt, am besten runter von der Insel“, sagt Franziska Falkenberg, bei Pissup zuständig für den deutschsprachigen Markt. Seit über 7 Jahren bringt sie Schweizer, Österreicher und Deutsche meistens nach Bratislava, Budapest oder Prag.

„70 Prozent der Kunden wählen Prag mit Bar, Paintball, Gokart, Biertouren; die meisten wollen nackte Busen, Schießstand-Adrenalin, Motorengeräusche und billige Drinks. Manchen muss man sogar erklären, dass beim meist gebuchten „Geiz ist geil“ -Paket in Prag um 99 Euro für zwei Tage und eine Nacht, kein Flug dabei ist und ja, der Preis versteht sich pro Person.“

In Prag könnten die „JGA’s“ bald ein jähes Ende nehmen!

Ab 2. Juni 2017 tritt eine Verordnung in Kraft, die den täglichen Alkohol-Konsum von deutschen und britischen JGA-Gruppen in Prag begrenzen wird. Erlaubt sind der Verordnung zufolge dann nur noch 1,5 Liter Bier pro Person und Tag. Verantwortlich für die Umsetzung der Verordnung wird die Tschechische Touristen-Polizei sein.

Die wilden Hühner oder Abschied vom Singledasein für Frauen

Was Männer können, können Frauen tausendmal besser, oder? Der Junggesellinnen – Abschied ist ein Abend mit den besten Freundinnen. Man schwelgt in alten Zeiten, hat jede Menge Spaß zusammen und trinkt ein paar Gläschen. Spiele sind extrem beliebt: Die Braut muss dabei lustige und weniger lustige Aufgaben erfüllen. Hauptsache es ist peinlich. Hier die Top 5 der Damenrunden:

Rednerpult. Auf einem öffentlichen Platz aus dem Stegreif eine Rede halten. Das Thema geben ihre Begleiterinnen vor. Ob es dabei um ihren Zukünftigen geht oder verflossene Liebhaber, ist wurscht.

Boyband. Die Braut muss eine Boyband aus fünf fremden Männern casten, die sie auf der Straße anspricht. Im Idealfall sollten nicht alle fünf blond sein, sondern unterschiedlichen Typen entsprechen. Nach geglücktem Casting müssen die Männer dann mit Begleitung der Junggesellin ein Lied singen.

Short-Look. Ein absoluter Knaller. Die Braut muss fremde Männer fragen, ob sie ihnen das Größenetikett aus der Boxershort schneiden darf. So kommt die werdende Ehegattin ein letztes Mal in den Genuss, ungehemmt an den Kehrseiten anderer Männer herumzufummeln.

Was bin ich? Die Freundinnen geben der Braut bestimmte Berufe vor. Sie muss dann auf der Straße nach Leuten suchen, die diesen Beruf eventuell ausüben könnten. Warnung: Peinlichkeiten sind geradezu vorprogrammiert.

Kiss me Kate. Das Brautgefolge sucht sich Männer auf der Straße aus, welche die Braut auf die Wange küssen muss. Ob die Herren attraktiv sind oder nicht, bleibt den Damen überlassen.

Was passiert wenn eine Männerrunde auf ein Damenensemble trifft?
Nichts weiter. Allenfalls zeigt man den antiken Griechen die „lange Nase“!

Quellen:
Agentur Pissup | Balaton Zeitung | Karneval-Megastore

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