Vergessener Luigi Tomasini

Nachruf

Aloisio Luigi Tomasini wurde 1741 in Pesaro/ Italien geboren. Über die Herkunft, Jugend und Ausbildung Tomasinis in Italien ist nichts bekannt. Der junge Tomasini wurde von Fürst Paul II. Anton ( Haydn’s ersten Dienstherren am Hofe Esterházy ) aus Italien als Kammerdiener nach Eisenstadt mtigebracht. Nach neueren Erkenntnissen muss dies schon im Jahre 1752/1753 geschehen sein, als der Fürst von seinem Posten als Österreichischer Botschafter am Hof von Neapel zurückkehrte. Aus der Korrespondenz Leopold Mozarts geht hervor, Tomasini habe um 1760 Geigenunterrricht in Salzburg bei Leopold Mozart genossen und 1763 eine Virtuosenreise nach München unternommen, wo er auch vor dem Bayrischen Kurfürsten produzierte. Zudem hat Fürst Esterházy seinem Lieblingsgeiger auch einen Studienaufenthalt in Venedig ermöglicht. Auch sein Gehalt war für die damalige Zeit beträchltich, denn als 1761 Joseph Haydn als Vizekapellmeister in den Esterházyschen Dienst kam, ist Tomasini auf den Gehaltslisten der Hofkapelle schon mit einem Gehalt von 200 Gulden pro Jahr erwähnt ( ca. 5000 Euro) . Hinzu kamen, wie bei Haydn auch, eine ganze Reihe an Naturalzuwendungen, als damaliges Zahlungsmittel im Gegensatz zu Geldmittel durchaus üblich.

Tomasini machte Karriere unter Haydns Leitung der Hofkappelle. Er wurde nicht nur 1.Violinist sondern später auch Concertmeister, wann dies genau geschah, ist allerdings unbekannt. Tomasini wurde bei der Auflösung der Hofkapelle 1790 gemeinsam mit Haydn mit einer jährlichen Pension bedacht und somit quasi in Rente geschickt.

Ebenso wie Haydn wurde Tomasini von Nikolaus II. im Jahre 1795, nachdem Haydn selbst von seiner 2. grossen Londonreise zurückkehrte und bereits Weltruhm erlangt hatte, zurückgeholt an den Esterházyschen Hof. Ab 1802 wurden ihm nach Kapellmeister Haydns Abwesenheit die Direkton der Kammermusik und die Verantwortung über das Fürstliche „Musicalien Magazin“ übertragen. Zu dieser Zeit, 1803, verdiente Tomasini bereits 1100 Gulden im Jahr.

Außerhalb des Esterházyschen Dienstes sind mehrere Auftritte Tomasinis nachweisbar: Bei der Uraufführung von Haydns Oratorium „Il ritorno di Tobia“ 1775 in Wien. 1781 wirkte er an einer Aufführung eines Streichqartetts ( evtl. aus den russischen Quartetten ) des anwesenden Haydn vor dem russischen Großfürstenpaar in den Gemächern der Wiener Hofburg mit.

Weiters war Tomasini als Solist 1778 in Eszterháza, wo er u.a. zusammen mit Haydn bei der berühmten Abschiedssymphonie einer der beiden letzten Violinisten war. 1792 war er als Solist in Frankfurt anläßlich der Krönung von Kaiser Franz, und 1802 ebenso als Solist in Sopron tätig.

Tomasini war zweimal verheiratet: Nach dem Tod seiner ersten Frau Josepha 1793 beiratete er 1799 die aus Preßburg stammende Barbara Feichinger. Aus beiden Ehen gingen insgesamt 11 Kinder hervor, von denen vier den Musikerberuf ergriffen. Sein Sohn Aloisio Luigi jun. wirkte ebenfalls als Violinvirtuose.

Tomasini war ein hochbegabter Violinvirtuose und Lieblingsgeiger des Fürsten Nikolaus I. Er spielte außer der Violine, dem Violoncello und der Viola da Gamba auch das Baryton, das Lieblingsinstrument des Fürsten, für das er auch 24 Barytontrios komponierte.

Er war beliebt unter seinen Kollegen wie auch unter den übrigen fürstlichen Beamten und Einwohnern von Eisenstadt. und er war eng mit Haydn befreundet. Haydn selbst übernahm die Patenschaft mehrerer Kinder Tomasinsis, er unterstützte dessen Eingaben um Zulagen oder finanzielle Besserstellung.

Tomasini wurde von Haydn auch als Künstler hochgeschätzt. Briefäußerungen Haydns, wie seine Grüße an „meinen Bruder Luigi“ an Joseph Elssler jun. ( 05.06.1803 ) oder dessen Bekenntnis , daß „niemand ihm seine Quartette zu Dank spiele wie Tomasini“ ( Pohl ) zeugen davon, daß mit Tomasini Haydn ein Kapellmitglied zur Seite stand, das ihm auch künstlerisch ebenbürtig war. Haydn hat im Entwurfkatalog bei seinme Violinkonzert in C-Dur den ausdrücklichen Vermerk hinzugefügt: „fatto per il luigi“.

Vermutlich sind nicht nur Haydn’s Violinkonzerte, die Streichduos und-trios der 1760er Jahre Tomasini „auf den Leib geschneidert“, sondern auch einige der Streichquartette in Hinsicht auf die virtuose Spielweise Tomasinsis geschrieben . Tomasinsi ist als der direkte Vermitller italienischer Geigenkunst an Joseph Haydn anzusehen.

Tomasini wurde 2 Tage nach seinem Tod, 25.April 1808 ( 1 Jahr vor Haydns Tod ) in der Eisenstädter Bergkirche beigesetzt, wo auch (viel) später Haydn seine letzte Ruhe gefunden hat.

Zum 200. Todestag hat man einfach auf ihn vergessen. Still und bescheiden schlummert der Kompositeur und Virtuose des Baryton dahin und wartet ob der Huldigung seines musikalischen Genies.

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