Zigeunerbaron lässt Paprika in der Garderobe

Eine schönere Bühne, als die in Mörbisch, hätte sich der „Zigeunerbaron“ nicht aussuchen können. Allein schon der natürliche Schilfgürtel im Hintergrund gibt eine „wunderbare“ Kulisse ab. Auch auf der dezent dekorierten Bühne selbst hat man weder mit Schilf gespart, noch mit Schweinen aus Plüsch, die vor „Zsupáns“ Haus dichtgedrängt in einem Saustall herumliegen. Die Johann Strauss-Operette beginnt überraschend mit einem uralten Zaubertrick à la David Copperfield: Noch bevor der Chor der Schiffer einsetzt, betritt ein in Tauchbekleidung verhüllter Nebendarsteller die Bühne, steigt in den Neusiedlersee hinab, watet bis zum Schilf, verschwindet dahinter. Sekunden später taucht dann Lucian Krasznec als „Sándor Barinkay“ wie aus dem Nichts aus dem Orchestergraben auf. Es sollte nicht die einzige abstruse Idee einer langweiligen Inszenierung bleiben: Warum etwa eine Stehlampe immer wieder kreuz und quer über die Bühne getragen wird, ist eher schwer zu verstehen.

Birgitte Fassbaender bringt nur in wenigen Momenten Bewegung in die Operette. Zumindest in den Ballettszenen nutzt man das Potential dieser Bühne. Im ersten Akt liefern die Tänzer mit ihren Schwanensee – Schritten sogar eine kleine Schmunzeleinlage. Weniger zum Lachen finde ich die Sittenprokalamation des Kommisärs „Conte Carnero“ (Harald Serafin). Wirkt sogar befremdlich. Da wird Arnold Schwarzenegger ebenso durch den Kakao gezogen, wie Silvio Berlusconi, dessen junge Liebschaft zum Thema wird: „Die könnte ja glatt seine Enkelin sein.“ Dabei dürfte H. Serafin entgangen sein, dass eine seiner Hauptdarstellerinnen mit einem um 48 Jahre älteren Weltstar liiert ist. Durchaus hätte man aktuelle Ereignisse aus dem Burgenland oder aus Ungarn dem Sittenwächter Carnero auf die „Rolle“ schreiben können. Dazu fehlte der Regie offenbar die Courage!

Wolfgang Bankl, alias Schweinzüchter Zsupán, bemüht sich als Einziger einen ungarischen Akzent in seine Sprechrolle zu setzen. Dabei sagte Harald Serafin noch vor der Premiere, er wolle den „Zigeunerbaron“ so ziemlich am Original aufführen. Gelungen ist es nicht. Es fehlt einfach der Charme der ungarischen Sprache.

Bohinec, Novak

Erst der Auftritt der Sopranistin Evelin Novak, in der Rolle der feurigen und schönen „Saffi“, entfacht Feuer. Ihn ihrer Stimme klingt die Leidenschaft der Puszta – das hat Paprika. Auch Iva Mihanovic überzeugt als „Arsena“. Daniel Serafin fühlt sich in der Rolle des Grafen Homonay sichtlich und hörbar wohl.

Über die Melodien kommt der „Zigeunerbaron“ doch noch zum verdienten Applaus. „Ha, seht, es blinkt, es winkt, es klingt“, das „Hochzeitskuchen-Tanzlied“, Zsupáns Couplet vom „Borstenvieh‘ und Schweinespeck“ oder Barinkays Auftrittslied mit dem Walzerrefrain „Ja das alles auf Ehr“, haben an Beliebtheit nichts eingebüsst. Das Publikum summt leise mit:

„Ja das alles auf Ehr
Das kann „Mörbisch“ und noch mehr,
Wenn man’s kann ungefähr
Ist’s nicht schwer – ist’s nicht schwer
Vivat – Hoch – Hurrah!
Dschingrah!!!“

-Feuerwerk-

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Zur Meinung von Lena: Mir hat das Stück vor der Pause mehr zu gesagt als nach der Pause aber das ist nunmal Geschmacksache.

Zu Zsupan (Wolfgang Bankl)möchte ich sagen das wenn er einmal begonnen hat in einem ungarischen Dialekt zu reden dann sollte er das auch beibehalten und dann nicht ins wienerische bzw. in einer ganz anderen Art und Weise zu sprechen beginnen das hat dann nichts mehr autentisches. Ich fand ihn am schlechtesten und das Ballett.. von dem sprechen wir jetzt lieber nicht…

Stück = der erste Teil

Eine durchaus gelungene Kritik, der ich gern meine Sichtweise hinzufügen möchte: Das Bühnenbild ist äußerst gelungen, so gut wie schon lange nicht mehr. Die Inszenierung erscheint mir nur teilweise langweilig, wobei das für den ersten Teil sicher zutrifft. Der zweite Teil samt 2. u. 3. Akt war wiederum sehr lebhaft und optisch ansprechend inszeniert worden. Im 1. Teil hätte man sowohl das Ballett als auch die Statisten öfter auftreten lassen können. Manchmal war die Bühne leer, d.h. es spielte sich alles auf der Seite von Zsupans Schweinefabrik ab, bühnenbildtechnische Schieflage. Die Sittenproklamation war doch zu erwarten, weil man ja gerne… Read more »

Tolle Headline!

Super Artikel. Trifft genau meinen Geschmack und meine Meinung!