Schloss-Spiele Kobersdorf: „Das Mädl aus der Vorstadt“

Die Schloss-Spiele Kobersdorf laden diesen Sommer zu Nestroy’s „Mädl aus der Vorstadt“ und damit zu einem der größten Publikumserfolge des österreichischen Dramatikers in seinem Werk des Alt-Wiener Volkstheaters.

Marina Margaritta Colda, Katharina Stemberger, Markus Weitschacher, Wolfgang Böck und Wolf Bachofner ©Foto: Voglhuber

Johann Nestroy beschreibt auch in diesem Stück die Wiener Gesellschaft und deren Lebensumstände mit all‘ seinen Annehmlichkeiten und Widrigkeiten. Da ist zum einen die kurz bevor stehende Verlobung zwischen der Witwe von Erbsenstein (Katharina Stemberger) und dem jungen Herrn von Gigl (Markus Weitschacher). Dieser hat sich allerdings unsterblich in die Stickerin Thekla (Michaela Schausberger) verliebt, die von Anfang an eine mysteriöse Person bleibt ohne zuviel von sich preis zu geben. Zum anderen Gigl’s Freund der Winkelagent Schnoferl (Wolfgang Böck), der seinem Freund aus der Patsche helfen und die Verlobung retten möchte, aber gleichzeitig für Frau von Erbsenstein schwärmt. Der zwielichtige Geschäftemacher und Schürzenjäger Kauz (Wolf Bachofner), der angeblich um sein Vermögen gebracht wurde durch seinen Mitarbeiter Stimmer, lebt momentan vom Vermögen seiner Nichte, keiner geringeren als der Frau von Erbsenstein.

Sabrina Rupp, Laura Rauch, Wolfgang Böck, Tanina Beess und Sophie Gutstein ©Foto:Voglhuber

Der Privatagent Schnoferl traut der Sache mit Kauz` verlorenem Vermögen nicht, vor allem weil er selbst auch Geld an ihn verloren hat und glaubt an die Unschuld des verdächtigten Stimmers, der seither verschwunden ist. Die Verlobung ist mittlerweile geplatzt und Schnoferl will seinen Freund Gigl auf andere Gedanken bringen, indem er ihn in die Vorstadt zum Wäschegeschäft von Knöpfl (Karl Ferdinand Kratzl) und seiner Schwester Madame Storch (Tanina Beess) bringt. Dort soll sich der vom Liebeskummer geplagte durch die lustigen (und lüsternen) jungen Näherinnen (Sophie Gutstein, Laura Rauch und Sabrina Rupp) auf andere Gedanken kommen.

Die scheue Thekla, welche ausgerechnet in der Nachbarschaft wohnt, trifft hier auf Gigl, der unsterblich in sie verliebt ist, Frau von Erbsenstein kommt auch dazu und eifersüchtig wie sie ist, offenbart sie die wahre Identität der Thekla: sie ist die Tochter von Stimmer, der ja des Diebstahls verdächtigt wird. Im 3. Akt, nachdem die ganze „Gesellschaft“ in Kauz‘ Lustgarten zusammentrifft, kann nur noch ein mysteriöser Brief für Aufklärung sorgen, den Kauz hütet wie sein Augapfel. Am Ende werden falsch Verdächtigte erlöst und finden die zusammen, die zusammen gehören wollen.

Wolfgang Böck spielt den Schnoferl. „Wie kann es auch anders sein?“, denkt sich, wer das Stück kennt. Obwohl man ihn dieses Jahr in Kobersdorf dennoch etwas anders erlebt, noch schwungvoller, und der Rolle zu verdanken als Figur, die sich zu seinen Liebesgefühlen bekennt. Katharina Stemberger verkörpert gekonnt die divenhafte Rolle der Witwe Erbsenstein und harmoniert unheimlich gut mit Wolfgang Böck. Wolf Bachofner gehört mittlerweile schon zum Kobersdorfer Inventar und könnte hier mit Intendant Wolfgang Böck als dynamisches Duo bezeichnet werden; ihm passt der Charakter des trügerischen und liebestollen Kauz ebenfalls ausgesprochen gut.

Diejenige Figur, die aber das Nestroy’sche auf der Kobersdorfer Bühne heuer am besten verkörpert, ist Marina Margaritta Colda als Nannette das Stubenmädchen. Bringt sie doch das Wienerische, das was man sich unter einer Posse mit „Gesang“ vorstellt, gekonnt mit ihrem Liedgesang auf die Bühne.

foto: pannonien tivi

Während sich der 1. und 2. Akt endlos in die Länge ziehen, bis einmal die Verhältnisse geklärt sind, wer mit wem und wer nicht mit wem, bringt der 3. Akt im zweiten Teil des Abends wieder mehr Dynamik auf die Bühne. Weiters wird der letzte Akt auch durch ein gut durchdachtes Bühnenbild und Kostümierung hervorgehoben, die dem Witz der Figuren entsprechende Akzente verleihen, wie etwa dem Musiker als überdimensionale Fliege oder die Dramaturgie der Näherinnen, die sich teilweise akrobatisch über die Bühne bewegen. Allerdings sollte man sich vorher gut über den Inhalt des Stücks informieren (siehe oben), so daß man sich auf die vielen Passagen der Zweideutigkeiten konzentrieren kann, wo man vielleicht gerade als Nicht-Wiener sehr genau hinhören muss. Es wäre zu schade, wenn man deshalb den Sprachwitz, den ein Nestroy-Stück ausmacht deshalb nicht mitbekommen würde.

Spieltermine: noch bis 28. Juli 2019, donnerstags bis sonntags, jeweils 20:30 Uhr. Karten: http://www.schlossspiele.com/

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Tick, Tack. Das Stück zieht sich in den ersten beiden Akten wie ein Strudelteig. Die Lacher hatten bei der Premiere nicht Nestroy Pointen oder die Schauspieler auf Ihrer Seite, sondern die Hoppalas. Einmal fliegt der Hut dem Gigl auf den Kopf, ein Texthänger von Böck gleich zu Beginn der Vorstellung, ein Werbespruch von Böck: „Ihr werdets Euch noch wundern, was alles geht“ vom selbigen als Anspielung auf den FPÖ-Hofer- Wahlkampfspruch. Und weil er uns sonst niederhaut, Drum preisen wir ihn alle laut.