Ausgewandert nach Südafrika

andy„Vorweg gleich einmal, Ich bin der Andy, kannst ruhig Du zu mir sagen“, den ersten Satz den Andy Bernhard, gebürtiger Neufelder und seit Jahren in Südafrika lebend, zu einer herzlichen Begrüßung von sich gibt. Ein wenig erinnert es an eine Szene in „Ich denke oft an Piroschka“.  Ja die Heimat,  ein wenig vermisst Andy diese schon, vor allem hat es ihm der Wiener Dialekt angetan und so ließ er er sich kurzerhand einige Videos der Kultserie „Mundl“ nach Sandton, in der Nähe von Johannesburg schicken, obwohl er 3 bis 4mal im Jahr die Heimat besucht. Und das Burgenland? Das hat er so richtig kennengelernt als er schon längst seine Zelte in Südafrika aufgeschlagen hatte.  Eben bei einem dieser Kurzurlaube in Österreich.

„Andy, ist die Luft gesünder in Johannesburg?“ frage ich. „Man darf nicht vergessen, die Stadt liegt auf einer Seehöhe von 1.800m. Wir haben hier alles: Meer, Wüste, Naturparks, Berge, einfach ein angenehmes Klima“, so der 77 jährige, dessen Alterungsprozess ersichtlich langsamer voran geht.

Der Vater, ein Voralberger, der in Neufeld an der Leitha seine Liebe fand, danach den Wohnsitz nach Eisenstadt in die Tillstraße verlegte und Jahre später mit Familie nach Wien übersiedelte. Und Andy? Der maturierte an der Vorzeige HAK am Karlsplatz in Wien, schlug die Berufslaufbahn eines Bankers ein, schoss in seiner Freizeit mit den Schlittschuhen über den Heumarkt und fotografierte was Kamera und Dunkelhammer hergab – das hat der vitale Andy bis heute beibehalten und gilt als Fixpunkt bei seinen Aufenthalten in Wien. Der Heumarkt sollte auch sein weiteres Schicksal bestimmen: „Ich traf einen früheren Professor von mir, der hat mich gefragt, ob ich einen netten Freund kenne, der für 2 Jahre nach Südafrika gehen will?! Kennen tu ich keinen, aber ich gehe, hab ich ihm gesagt“, erzählt Andy mit einem Lächeln von der lebensentscheidenden Begegnung.

Vom Schlipsträger in Wien zum Photogroßhändler „Salomon“ nach Johannesburg. Von der Holzbaracke am Wiener Flughafen in das 8300km entfernte Südafrika, das er am 2. Oktober 1955 erstmals betrat. Die kinderlosen Salomons achteten auf eine sorgfältige Ausbildung. „Ich war Bursche für alles: Buchhalter, erledigte die Korrespondenz in französisch, englisch, deutsch und erlernte die Grundlagen für das Handelsgeschäft.  Nach dem Tode des Inhabers übernahm er den kompletten Verkauf für den Süden Afrikas. Das war 1967, in dem Jahr, in dem sein Sportflugzeug, bei einem Geschäftsflug in Namibia,  mitten im Krüger Nationalpark abstürzte – „gut is gangen, nix is gschehn.“

suedafri12 Jahre später kaufte Andy der Witwe Salomon schließlich die Firma ab. „..dazwischen wurde geheiratet. Ich wollte unbedingt eine Wienerin, schon allein wegen dem schönen Dialekt! Wir hatten uns kennengelernt als ich wieder einmal in Wien war. Man kann sagen ich habe ‚meine Karin‘ 1968 importiert“, lacht Andy. Und es kamen dazwischen 3 Söhne zur Welt – echte Südafrikaner. Obwohl, Andy jr. lebt in den USA und jobbt als Luftfahrttechniker, Sohn Maximilian heiratet im August eine Wienerin und arbeitet als Bankangestellter in Wien, nur der jüngste Spross, Nicky, hütet Haus und Pool in der neuen, alten Heimat in Sandton.

Andy ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, der es bis zum Präsidenten der Photohändler Südafrikas brachte. Von 1976-1978 hatte Andy Bernhard das Amt inne. Und wie bei jedem Präsidenten musste eine neue Idee her. „Wir veranstalteten einen Fotowettbewerb, damals einzigartig in Südafrika – der Preis: ein Ford Stanton. Ich hab mich so gefreut, als ein deutscher Missionar, der im ‚Zululand‘ die Menschen betreute,  das Auto gewonnen hat. Bis dahin gabs dort so ein Fahrzeug gar ned. Dananch haben mir die ‚Zulus‘ a Foto gschickt mit 500 ‚Schwarzen‘ auf dem Auto, voll spaߟig.“

An 1995 erinnert sich Andy ungern. Aufgewacht im Kofferraum eines, am Rande einer ’schwarzen Siedlung‘, abgestellten Autos. Das Firmenlager völlig geplündert. Ein schreckliches Erlebnis, das mit dem Auflösen der Firma endete. Heute betreibt er, gemeinsam mit seinem jüngsten Sohn, die Generalvertretung der Waffenfirma „Glock“ in Südafrika. „Mir macht die Kriminaltität zu schaffen. Es ist schlimmer geworden. Ein 3m hoher Zaun aus Stein und Schmiedeeisen sichert unser Zuhause. Wennst nicht mal in Johannesburg in Ruhe spazieren gehen kannst, dann hast ka Freud“, ein nachdenklicher Andy Bernhard.

„Zurück nach Österreich? Das kommt nicht in Frage. Unser Leben spielt sich in Südafrika ab –  Haus, Pool, Garten, Kinder, wir haben hier alles. Wien? Wir haben nichts in Wien. Und Burgenland? Ach ja.“ Langsam nimmt Andy seine Brille ab, Tränen kullern über das sonst so fröhliche Gesicht. „Ich werd ein wenig sentimental.“ Der Blick von Bernstein in den Süden des Burgenlandes, den er sich erst bei einem dieser kurzen Trips in die Heimat gönnte, die Melodie mit der Burgenländer sich so gerne mitteilen, Kindheitserinnerungen und die verwurzelte Seele lassen Andy in Melancholie aufgehen. „Zurück? Auf keinen Fall – meine Kinder sind  Südafrikaner.“

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Hab‘ jetzt auch Tränen in die Augen bekommen, ein sehr schöner Beitrag – vom Leben, egal wo auf dieser Welt ! Chapeau!