Das sieht so echt aus

Letzten Freitag ereignete sich im Haydnzentrum Eisenstadt ein kunsthistorisches Ereignis. Was 200 Jahre an verschiedenen Orten dieser Welt überdauerte, wurde jetzt für kurze Zeit wieder vereint: die beiden existierenden originalen Haydn-Porträts des österreichischen Malers Ludwig Guttenbrunn.

Zur Vorgeschichte

Eines dieser Gemälde stammt direkt von Joseph Haydn und kam 1975 in den Besitz des Landes Burgenland, nachdem es lange Zeit als verschollen galt. Erst der berühmte Haydn-Forscher Dr. H.C. Robbins Landon hatte es wiederentdeckt und an das Land weitervermittelt. Seither ist dieses Haydn-Gemälde in seinem ehemaligen Wohnhaus in Eisenstadt zu besichtigen. Das Eisenstädter Porträt hat jedoch einen „Zwilling“, denn es existiert eine weitere Fassung des Gemäldes von Ludwig Guttenbrunn.

Dieses stammt aus einem Privatbesitz in London, wobei seine heutige Inhaberin ebenfalls berühmte Vorfahren hat. Es handelt sich dabei um den österreichischen Schriftsteller Stefan Zweig, der das Guttenbrunn-Gemälde während seiner Emigration in London 1940 erworben hat. Seine Nichte und auch Erbin Eva Altmann ist extra für ein paar Stunden aus London angereist und brachte das Haydn-Porträt eigens nach Eisenstadt, wo es zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert wurde.

Das zweite, „Londoner“ Bild sieht auf den ersten „groben“ Blick fast identisch aus wie die Eisenstädter Version: ebenfalls Öl auf Holz, gleicher Bildaufbau, gleiches Motiv, es zeigt Joseph Haydn komponierend an einem Pianoforte sitzend. Beide Werke sind weder signiert, noch datiert.

Rätsel um Gemälde

Doch die Gemälde geben den Wissenschaftlern Rätsel auf und die Vermutungen gehen in alle Richtungen mit den Antworten auf Fragen, wie z.B. welches der beiden Porträts denn nun zuerst entstanden sei. Aufgrund der etwas weniger detailierten Ausführung des Eisenstädter Gemäldes, geht Musikwissenschaftler Dr. Gerhard Winkler davon aus, daß es sich bei diesem um die Erstversion handele, und Haydn aber mit dem Bild nicht ganz zufrieden gewesen sein muss. Ein Zeichen dafür und damit markanter Unterschied sind z.B. Joseph Haydns Hände. Diese wirken auf dem Eisenstädter Bild ein wenig unschön und auch etwas zu lange. Das Porträt aus London ist jedoch wesentlich feiner und schöner gearbeitet und somit wird auch vermutet, daß dies das offizielle Werk ist.

Neben allen Mutmaßungen und Hypothesen ist jedoch eines gewiss: sichtlich erleichtert waren alle, als das Bild dann wieder unter Verschluss kam. Auch der Intendant der Haydn Festspiele Dr. Walter Reicher, Haydn-Verehrer durch und durch, war sichtlich nervös und behandelte diese „Schöpfung“ aus London wie eine Kostbarkeit – zu Recht. Da wundert es gar nicht, wenn man sich dann auf die Frage über die Versicherungssumme des Kunstwerkes in Schweigen hüllt.

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