Miss Undercover mit 64

Die Ausstellung, “ Vom Moskauer Underground zur Alternative Miss World“ im INFELD HAUS DER KULTUR, ist einer äußerst ungewöhnlichen russischen Künstlerin gewidmet. Sie begann erst als 66jährige Pensionistin zu zeichnen und zu malen und schuf in den ihr noch verbliebenen 14 Jahren ein umfangreiches Oeuvre von etwa 500 Werken.

Pani Bronja, wie sie sich nannte, war nicht nur bildende Künstlerin, sie war Performancekünstlerin, Schauspielerin und Model und wurde 1998 in London zur „Alternative Miss World“ gekürt. Ihre Malweise ist naiv, ihre künstlerische Handschrift sehr eigenständig. Sie zeichnet und malt vor allem einfach strukturierte Figuren, manchmal mit verspielten Details oder auch monochromen Farbflächen.

Ausstellung
Bronislava Dubner: Vom Moskauer Underground zur Alternative Miss World
25. Juli bis 30. August 2009

Die 1924 geborene „Pani“  verbrachte ihre ersten 60 Jahre am Fließband in einer Kartonfabrik. Ein glücklicher Zufall führte sie Anfang der 90er Jahre mit Alexander Liaschenko, damals wie heute eine notorische Figur in der Moskauer Kunstszene, zusammen.

Direktor Petljura, Chef einer KünstlerInnengruppe,  erkannte Pani Bronjas hypnotisches Potential für Normalsterbliche und wies ihr und ihrem Mann unmißverständlich den Weg in die Kunst. Konkret schlug er vor, ihnen denselben Hungerlohn wie in der Kartonfabrik zu bezahlen – wenn sie stattdessen Kunst produzieren würden.

Eine Woche später erschien Bronja zur Gehaltsauszahlung mit ihren ersten Zeichnungen, Hr. Dubner Abramovich entschied sich für eine Laufbahn als Schriftsteller und Lenin Biograf. Dies war der Beginn einer schillernden Symbiose.

Die kurze Blüte der sich selbst überschlagenden russischen Independentkunst während der Perestroika fand hier ihren lebendigsten Ausdruck, das Haus am Boulevard war der zentrale Szenetreffpunkt – und mitten drin, Pani Bronja, von allen geliebtes Schneeflöckchen, bereits im Rang einer Primadonna, die ihrem Publikum vor allem eines vor Augen führte: Altern schien doch ein psychosomatisches Phänomen zu sein – wohl wahr, damals wie heute.

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