Premiere: Der Preis des Monsieur Martin

KSS-PreisDer Preis des Monsieur Martin, eine Komödie in drei Akten von Eugène Labiche ist soeben mit der Premiere im Schloss Kobersdorf angelaufen. Es geht um Ehebruch und Freundschaft und um die Frage: übersteht das eine Männerfreundschaft, wenn der beste Freund mit der Ehefrau des anderen ein „Pantscherl“ hat? Und zum anderen, ob man der eigenen Verwandschaft bis auf den letzten Blutstropfen vertrauen kann?Die Antworten dazu erhalten Sie heuer auf der Bühne der Schloss-Spiele in Kobersdorf.

Handlung

Der 1. Akt beginnt mit philosophischen Fragen beim Kartenspiel. Die beiden gut situierten besten Freunde Ferdinand Martin und Agénor Montgommier debattieren darüber, warum der eine mehr Chancen bei den Frauen hat wie der andere, ob’s daran liegt weil er sich die Haare färbt oder weil er schlanker oder gar sprachgewandter ist? Solch‘ „Fragen des Lebens“ eben, die sich alte Männer beim Kartenspiel stellen, die die Midlifecrisis schon längst überwunden haben, so quasi nach dem Motto: „hab‘ ich bei einem jungen Pupperl noch a Chance?“ Was Ferdinand nicht weiß, sein bester Freund Agénor betrügt ihn mit seiner eignen Frau Loïsa.

Da muß erst der „heißblütige“ Cousin Hernandez aus Südamerika aufkreuzen, damit er durchblickt, was Sache ist. Der Gag mit dem Kreidestrich auf dem Sakko sorgt für Aufklärung und den ersten Lacher. Es fällt ihm wie Schuppen von den Augen und Ferdinand sinnt auf Rache. Gemeinsam mit seinem Cousin Hernandez schmiedet er einen Racheplan. Er möchte, daß sein bester Freund einfach irgendwie umkommt. Schließlich soll eine Reise mit allen Beteiligten in die Schweizer Alpen unternommen werden, wo er den Rivalen in die Schlucht stürzen will.

Im 2. Akt geht die Reise in die Schweiz nach Charmonix. Doch Agénor beginnt zu kränkeln, kurzzeitige Planänderung, man versucht den Fremdgeher mit einer Schale Opium zu vergiften, doch der trinkt nicht und die ganzen Pläne beginnen allmählich zu kippen. Als es dann zum alpinen Unfall kommen soll, in dem Ferdinand seinen Freund/Feind in die Schlucht stürzt, verliert dieser den Mut.

Im dritten und letzten Akt bekommt die Chose eine leichte Wendung. Denn offensichtlich kann man selbst der eigenen Verwandtschaft nicht trauen. Jetzt spitzt nämlich Cousin Hernandez ebenfalls auf die ehebrecherische Loïsa. Alle werden Rivalen. Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte.

Damit Ferdinand und Agénor wieder Freunde werden können, entwickelt ersterer einen Preis – der Preis des Monsieur Martin – den Agénor an die Akademie stiften soll, allerdings mit seinem ganzen Vermögen. Das ist der Preis dafür, den er bezahlen muß, damit Ferdinand ihm verzeiht. Hernandez soll damit bezahlen, daß er Loïsa nach Südamerika mitnimmt.

Fazit: Eigentlich geht es hier um die (Männer)Freundschaft und um Vertrauensbruch, weniger darum ob da einer um seine Frau betrogen wurde, das ist nur der Aufhänger. Am Schluß zählt für Ferdinand, dem Schlappschwanz, der sich nicht getraut hat, seinem Nebenbuhler eins in die Goschn zu hauen, das Kartenspiel und die guten Gespräche mit seinem Freund. Im Prinzip bleibt Loïsa nur der heißblütige, südamerikanische Macho, dem die Schlappschwänze die Frau in die Arme getrieben haben.

BühnenbildBreitenebener

Das Bühnenbild ist minimal gehalten: zwei Sofas ändern je nach Akt ihre Farbe, ein Tisch, zwei Hocker und Kuckucksuhren. Die eigentliche Überraschung bzgl. Szenarium kommt erst nach dem Umbau vom ersten auf den zweiten Akt. Drei Projektionsleinwände erscheinen, die ein gutes Drittel der Bühne einnehmen und zeigen die Bergbahnen der Schweiz inklusive Gletscher in bewegten Bildern. Da hat man wohl sehr intensiv Dornhelm-Inszenierung in St. Margarethen geschaut. Gott sei dank ziehen die Wolken sehr gemächlich und nur in schwarz-weiß vorüber, sodass das Video nicht allzu sehr von den Akteuren ablenkt. Gerne könnte man aber darauf verzichten. Ein schlichter Berg aus Pappmaché hätts auch getan.

Schauspieler

Alles steht und fällt mit Wolfgang Böck. Er zeigt sich gleich zu Beginn als feuriger Südamerikaner mit feuerroten Stiefeln und Kapperl. Motiviert tänzelt Böck über die Bühne wie Mohammed Ali in seinen besten Zeiten und hält den spanischen Akzent bis zum Schluss durch. Caramba- ein echter Macho!

Wolf Bachofner in der Rolle des Ferdinand steigert er ich nach den ersten Szenen. Olaf Schürmann alias Agénor wirkt solide aber unaufregend. Von Saskia Klar und Sebastian Knözinger, die im 1. Akt ihren Auftritt hatten, hätte man gerne mehr gesehen, vor allem weil Knözinger aufgrund seiner Gestik und Komik ein wenig an Franz Suhrada erinnert – nur Knözinger ist viel hübscher.

Von der Wiener Neustädterin Bettina Schwarz , die ihren Schweizer Dialekt ganz gut rüber brachte und mit ihrer Situationskomik im 3. Akt kuckucksuhrmelkend die Lacher auf ihrer Seite hatte, würde ich gerne mehr sehen.

Konstanze Breitebner gibt sich als zierliche Französin mit toller Figur vornehm zurückhaltend. Der Funke springt allerdings nicht über. Im Gesamten ein braves Spiel, dem einfach die Erotik fehlt.

Kritik

Der erste Akt zieht sich ein wenig, bis alles in Schwung kommt. Die Pointen kommen nicht so rüber, wie sie sollen. Viele Erklärungen bis alles in Gang kommt. Im zweiten Akt wird es dann ein wenig spannender, weil es darum geht ‚trinkt er oder trinkt er nicht‘, gelingt der Racheplan, stürzt er ihn in die Schlucht? Eine Wendung bringt dann wie gesagt der dritte Akt, weil nun auch der Cousin die Frau begehrt. Ansonsten stellt man sich hier vor allem eine Frage:

Wie viel Erotik mutet man dem Kobersdorfer Publikum zu?

Die Erwartungen an das Stück waren in Punkto Emotionen und Erotik höher. Denn wie man ja im Vorfeld schon weiß, geht es um Ehebruch und Vertrauenssachen. Doch es fehlen einfach gewisse Empfindungen, die man sich erwartet, zum Beispiel, daß sich die offensichtlich „besten“ Freunde mal umarmen, daß die Ehefrau mal mit dem Liebhaber zugange ist, oder daß gewisse „Handgreiflichkeiten“, welche die ganze Angelegenheit ja eigentlich in welcher Weise auch immer mit sich bringen sollte, gänzlich fehlen.

Vor allem im ersten Akt zieht sich die Einführung wie ein Strudelteig. Die Handlung holpert sich in den Anfang hinein, viele Pointen, wenn überhaupt, verblassen. Der typische Slapstick nach Kobersdorfer Manier, wenn Wolfgang Böck auf die Bühne kommt und dann plötzlich in der Unterhose da steht, war beim Publikum dennoch nicht der Reißer. Das Arbeiten mit Wortwitz, was auch für Kobersdorf steht, konnte offensichtlich auch nicht den gewissen Schwung reinbringen: „Ich cool mich ab“, sagt Hernandez in den Schweizer Bergen – dafür gab es letztendlich doch zu wenig heiße Szenen.

Die Handlungen sind vorhersehbar und es fehlt am Schluss die überraschende Wendung. Vielleicht liegt es auch an der Übersetzung vom Französischen ins Deutsche, warum dem Stück der nötige Esprit fehlt. Zum Anschauen ist die Komödie allemal. „Erzählen sie es weiter“, wie Wolfgang Böck zu sagen pflegt!

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