In einer konzentrierten, beinahe stillen Geste betraten Judith Augustinovič und Valerie Habsburg am vergangenen Freitag erneut das Kulturzentrum Eisenstadt. Ihre Performance „Rück/Schrift. Eine feministische Putzaktion“ war weniger ein Ereignis als vielmehr ein Prozess – leise, bedacht und von klarer körperlicher Präsenz. Was auf den ersten Blick wie Reinigung anmutete, erwies sich bei näherer Betrachtung als poetische Handlung mit politischem Gewicht.

Die beiden Künstlerinnen entfernten in einer performativen Choreografie jene Glasinschriften, die sie im Vorjahr als Hommage an VALIE EXPORTs Schriften installiert hatten – darunter zentrale Texte wie das Manifest „Woman’s Art“ (1972) und „WEIBERLEIBER“ (1988). Doch es ging nicht um das Auslöschen dieser Worte. Vielmehr schufen Augustinovič und Habsburg durch das Entfernen eine bewusste Leerstelle – eine Einladung zur Erinnerung und ein Angebot an Reflexion.
Der Moment der „Säuberung“ offenbarte sich als Übergang: Manifestiertes wurde nicht zerstört, sondern in einen neuen Zustand überführt. Der Inhalt blieb präsent – nicht mehr sichtbar im klassischen Sinne, aber spürbar im Raum, getragen vom Wissen um das, was war.
Diese künstlerische Geste entfaltete ihre Wirkung gerade in ihrer Zurückhaltung. Ohne große Worte und ohne plakative Symbolik betonte sie die Fragilität und gleichzeitig die Beharrlichkeit feministischer Kunst. Die zyklische Struktur des Projekts, das 2024 begann und im Herbst 2025 in neuer Form wiederkehren wird, verweist auf ein Verständnis von Kunst als Prozess – nicht als abgeschlossene Aussage, sondern als sich wandelnde Spur.
Zur Veranstaltung sprach Klubobmann Mag. Dr. Roland Fürst. Seine Worte rückten die Performance in den größeren Rahmen gesellschaftspolitischer Verantwortung und würdigten das Anliegen der Künstlerinnen, feministische Themen in eine körperlich erfahrbare, zugleich poetische Sprache zu übersetzen. Ohne sich in Pathos zu verlieren, schuf Fürst einen Raum für Resonanz – zwischen Kunst, Politik und Öffentlichkeit.
Das Projekt wird dokumentiert und in Form einer limitierten Edition fortgesetzt: 85 Einzelblätter – als poetische Verdichtung der Performance – werden anlässlich des 85. Geburtstags von VALIE EXPORT im Herbst präsentiert und im Rahmen einer Charity-Auktion angeboten.
Was zurückbleibt, ist mehr als eine gesäuberte Glasfläche. Es ist ein stiller Raum, der nicht leer, sondern offen ist – für Erinnerung, für neue Narrative, für ein kontinuierliches Verhandeln von Sichtbarkeit. „Rück/Schrift“ ist ein Beispiel dafür, wie Kunst nicht nur zeigen, sondern auch wegnehmen kann – um dadurch neue Bedeutungen zu ermöglichen. Und vielleicht ist gerade das der stärkste Ausdruck feministischer Sorgearbeit: das Sichtbarmachen durch das, was fehlt.