Christkind, Santa und die Phantasie

Kaum jemand kann sich Weihnachten ohne Bescherung vorstellen. Doch die wenigsten wissen, wo dieser Brauch herstammt. Kommen die Gaben unter dem Weihnachtsbaum vom Christkind oder dem Weihnachtsmann? Und sind Nikolaus und der Weihnachtsmann dieselbe Person?

Eigentlich stammt der Brauch des Schenkens ja aus der Zeit des Wundertäters St. Nikolaus (ca. 280-351 n. Chr.). An Stelle des Nikolauses setzte Martin Luther 1535 den “Heiligen Christ”, das Christkind. Und der Weihnachtsmann entstand im 18. Jahrhundert und erhielt erst in den 1920er Jahren und durch eine Werbeaktion von Coca Cola im Jahr 1932 sein rot-weißes Gewand.

Brauch des Schenkens

An Weihnachten beschenkt man seine Liebsten. Ein Brauch, der so alt ist, dass nur die wenigsten wissen, wo er ursprünglich herstammt. Denn nicht die Geburt Christi, die Christen am Heiligen Abend feiern, ist der Grund für das Schenken, sondern der Heilige Nikolaus. Noch bis Mitte des 16. Jahrhunderts nämlich bekamen die Kinder nicht am Heiligen Abend ihre Geschenke, sondern am Nikolaustag. Denn dieser war es, der Kinder durch seine Gaben rettete. Und so entwickelte sich um seinen Todestag, den 6. Dezember, ein wahrer Kult und tief in den Kulturen verwurzelte Bräuche, die bis in die heutige Zeit und in Form des Christkindes und Weihnachtsmannes weiterbestehen.

Der Nikolaus

Wie viele Heilige der katholischen Kirche lebte auch Nikolaus tatsächlich. Er wurde um 280 n.Chr. geboren und starb am 6. Dezember, wahrscheinlich im Jahr 351 in Myra, in der heutigen Türkei. Um 300 trat er ins Kloster ein und wurde dort auch zum Priester geweiht. Als um 310 die Christenverfolgung einsetzte wurde er gefangen genommen und gefoltert. Doch bereits zu dieser Zeit erzählte man sich vom “Metropolit von Myra” wundersame Geschichten. So soll er z.B. einer verarmten Familie durch gezielte Geschenke, die er heimlich durch den Kamin oder das Fenster warf, geholfen haben. Lange nach seinem Tod noch kamen immer neue Geschichten über den Wundertäter auf, doch bis heute gilt er als Helfer in der Not. Und ebenfalls bis heute werden am Abend vor dem Nikolaus den Kindern kleine Geschenke in die Stiefel gesteckt.

Das Christkind

Erst ab dem Jahr 1535 wurde der Brauch des Schenkens auf den Heiligen Abend verlegt. Der Reformator Martin Luther wollte den Kult um den katholischen Heiligen nicht länger fortführen und ließ seine Kinder nicht vom Nikolaus beschenken, sondern vom “Heiligen Christ”. Dieser kam natürlich nicht am Nikolaustag, sondern am Heiligen Abend, dem Tag seiner Geburt. Der Heilige Christ ist bis heute unser “Christkind”, das Kind Gottes, das uns Liebe und Freude auf Erden bringt. Das anfangs nur im reformatorischen Deutschland beheimatete Kind aus der Krippe breitete sich dann auch schnell in den katholischen Teilen des Landes aus. Und schon bald entstand aus dem Heiligen Christ das Christkind mit dem Engelshaar, das uns die Geschenke bringt. Seit Martin Luther ist deshalb der Tag der Bescherung nicht mehr der Nikolaustag, an dem brave Kinder immer noch kleinere Geschenke erhalten, sondern der Heilige Abend, an dem unter dem Weihnachtsbaum oder an dessen Zweigen die Gaben hängen.

Santa Claus

Obwohl sich der Glaube an das Christkind weiterentwickelte, lebte die Tradition des Nikolaus in vielen Teilen Europas weiter – bis heute. Vor allem in Holland konnte das Christkind sich nie wirklich etablieren. Hier brachte weiterhin der “Sinterklaas” die Geschenke, allerdings auch am Heiligen Abend. Und von dort aus gelangte der Sankt-Nikolaus-Brauch dann auch in die Vereinigten Staaten von Amerika. Denn insbesondere in den niederländischen Kolonien wurde das Sinterklaasfeest gefeiert, zumal Sankt Nikolaus auch der Patron von Neu Amsterdam, dem späteren New York war. Aus Sinterklaas wurde Saint Claus und schließlich Santa Claus.

Auch heute noch warten die amerikanischen Kinder in der Weihnachtsnacht gespannt, ob sie nicht einen Blick auf Santa Claus und das berühmte Rentier Rudolph erhaschen können. Die Geschichte vom Rentierschlietten fahrenden Santa Claus, der am Weihnachtsabend durch den Kamin steigt, um den Kindern ihre strümpfe zu füllen hat sich übrigens ein gewisser Clement Clarke Moore aus New York als Weihnachtsüberraschung für seine Kinder ausgedacht. Ein enger Freund der Familie schickte das Gedicht an eine bekannte Zeitung und ein Jahr später, d.h. 1823 wurde es dann veröffentlich. Der namhafte Cartoonist Thomas Nast lieferte die Zeichnung dazu: einen kleinen, kugelrunden Kerl mit weißem Bart, der genüßlich seine Stummelpfeife raucht und einen Schlitten mit acht Rentieren fährt. Selten hat ein Bild die Menschen so verzaubert.

Der Weihnachtsmann

Mit der Zeit etablierte sich dann auch der Weihnachtsmann zunehmend im deutschsprachigen Raum. Das Wort selbst wurde erstmals im 18. Jahrhundert erwähnt, als 1835 Heinrich Hoffmann von Fallersleben das Lied “Morgen kommt der Weihnachtsmann” dichtete. Doch zu dieser Zeit wurde der Weihnachtsmann noch wie der Heilige St. Nikolaus im Gewand eines Bischofs dargestellt, das erst in den 1920er Jahren die Farben rot-weiß erhielt. Sein heute überall bekanntes rotes Kostüm mit weißem Pelzbesatz erhielt der heutige Weihnachtsmann schließlich 1932, als Coca Cola eine große Weihnachtswerbeaktion in den Firmenfarben aus der Taufe hob. Der Weihnachtsmann mit dem Gesicht eines Lastwagenfahrers von Coca Cola erhielt kurzerhand eine rote Robe mit weißem Fellbesatz – und behielt sie bis heute.

Phantasie

Aber mal ganz ehrlich, wär‘ es nicht schöner, sich die Weihnachtsgeschichten aus der Kindheit, die vom Christkind, dem Weihnachtsmann, vom Nikolaus oder Rudolph the-rednosed Reindeer erzählen, einfach zu bewahren und nichts von den ganzen Hintergründen, Ursprüngen und Wahrheiten zu wissen?! Als Erwachsener fehlt es einem sowieso an Phantasie.
So wie die kleine 8-jährige Virginia im Jahre 1897 an die New Yorker Zeitung „Sun“ schrieb:“ Gibt es einen Weihnachtsmann?“ So heißt die Antwort auf die Frage Christkind oder Weihnachtsmann eigentlich:

…“Ja, es gibt einen Weihnachtsmann und ja es gibt auch das Christkind. O weh! Wie öde wäre die Welt, wenn es keinen Weihnachtsmann und kein Christkind gäbe. Es gäbe dann keinen kindlichen Glauben, keine Poesie, keine Romantik, die diese Existenz erträglich machen. Wir hätten keine Freude außer durch Gefühl und Anblick. Das ewige Licht, mit dem die Kindheit die Welt erfüllt, wäre ausgelöscht. Kein Weihnachtsmann! Gott sei Dank! Er lebt, und er lebt auf ewig. Noch in tausend Jahren, Virginia, nein, noch in zehnmal zehntausend Jahren wird er fortfahren, das Herz der Kindheit zu erfreuen.“

(aus „Is there a Santa Claus?“, Editorial verfasst von Francis Pharcellus Church 1897 „New York Sun“. Originallänge des Artikels, siehe auch im Feuilleton von pannonien.tv)

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