Mystisch klingt es, wenn von einem verschwundenen Dorf an der Grenze gesprochen wird. Ein Ort, an dem Mitte April die wunderschöne, seltene Schachblume zu bewundern ist.
Ungarisch-Bieling wurde erstmals urkundlich im Jahre 1375 erwähnt. Mit „poss. Byku“s und „altera Bykus“, war damals das obere und das untere Ungarisch-Bieling gemeint. In früherer Zeit existierte auch eine Burganlage, wo selbst heute noch die künstlichen sowie natürlichen Schanzen und Gräben ersichtlich sind. Und sogar der Weg, der zur Güssinger Burg führt ist noch erkennbar.
Ungarisch-Bieling, war ein schöner, gepflegter Ort an dem 9 Familien lebten, die sich durch harte Arbeit mit Ackerbau und Viehzucht selbst versorgten.
Rein politisch betrachtet, gehörte Ungarisch-Bieling zu Ungarn. Da aber die Kinder in Hagendorf zur Schule gingen, die Kirche besuchten und somit alle damit verbundenen Feiern wie Taufe und Hochzeit ebenfalls in Hagendorf gefeiert wurden, war der Kontakt zur österreichischen Seite sehr intensiv.
Beim Zerfall der Habsburger Monarchie 1921, kamen die Ortschaften Hagendorf und Deutsch-Bieling zu Österreich. 1923 folgte auch Luising. Ungarisch -Bieling war ein sehr kleiner Ort und lag direkt an der Grenze. Wegen des Strembachs, der die damals vorhandene Mühle betrieb und aus Wasserrechtsgründen Ungarn beanspruchte, war ein Anschluss an Österreich kein Problem. Der Kontakt zu den österreichischen Ortschaften blieb ohne weiteres aufrecht und die dort lebenden Bauern konnten weiterhin ihr Korn zur Mühle bringen. Das friedliche Zusammenleben hatte aber schon bald ein Ende. Denn die Grenznähe wurde den Ungarisch-Bielingern allmählich zum Verhängnis. Die deutschen Ungarn mussten aus Ungarisch-Bieling fliehen und ihre Häuser und ihre Heimat verlassen.
1948 wurden schon bald 20m hohe Wachtürme errichtet, entlang der gesamten Ortschaft (Österreich/Ungarische Grenze) Stacheldrahtzäune aufgestellt und Minenfelder gelegt.
1945 wurden dann endgültig alle verlassenen Häuser dem Erdboden gleich gemacht. Seither erinnern nur noch Ziegelreste, leere Brunnen, ein verwachsener Karrenweg, alte Obstbäume, Betonreste der einstigen Mühle und ein einsames Friedhofskreuz an das verschwundene Dorf „Ungarisch Bieling“.
Tränen, Zukunftsängste, Heimweh, das Rattern der Caterpiller
– ungewöhnlich hier an diesem Ort der Stille – Staub, kein Stein mehr auf dem anderen,
ein Vorhang der sich nicht bewegt im Wind, Detonationen, Verzweiflung, Blut, Tod.
Einsames Kreuz, Weinreben auf der Suche nach Licht – den Baum entlang, Obstbäume
deren Früchte noch immer Ausschau halten nach den Kindern die sie pflückten vor 60 Jahren.
Die meisten Kinder sind heute schon tot – aber die Bäume tragen immer noch.
Respekt, Achtung vor diesen Toten, das einsame Kreuz steht heute noch, keine Grenze mehr,
Licht dringt ein, Erinnerungen werden wach, Zusammenfinden,
Verstehen, in Frieden leben!
„Jeder der diesen Absatz gelesen hat, soll verstehen, daß all diese Wörter zusammen 60 Jahre ausmachen. Eine lange Zeit. Während sich anderswo Zeit und Menschen verändert haben, ist dieser Ort in einen „Dornröschenschlaf“ versunken – unfreiwillig. Umsomehr verdient dieser Ort heute, mitsamt seinen Toten, die auf dem Friedhof begraben sind, Respekt und Achtung.“
Zitat von Karl Böö
Der Hobbyforscher Karl Böö hat bereits die Sanierung des Friedhofes in Ungarisch Bieling durchgeführt und ist dabei, mit österreichischen und ungarischen Bewohnern die Siedlung wieder aufzubauen.