Wer hätte gedacht, daß man an einer einfachen Postkarte die Veränderungen der Reise-und Volkskultur festmachen könnte? Und wie kämen unsere Pinnwände oder unsere schönen bunten Kühlschranktüren ohne sie aus? Es sind nun genau 150 Jahre vergangen, seit die erste Postkarte verkauft wurde. Und trotz digitaler Technik – die kleine bescheidene Ansichtskarte hält sich wacker. Es ist uns eine Ehre die nostalgische Reise dieses klassischen „Reisebegleiters“ etwas genauer zu betrachten:
1861 – Die Postkarte ist geboren
Postkarten existierten zwar schon seit den 1760er Jahren in bedeutenden Städten wie Paris und Wien in der ein oder anderen Form, aber erst nachdem der Amerikaner H.L. Lipman 1861 das Patent kaufte, wurden sie auch im Handel erhältlich. 1840 erschien in England übrigens die erste Briefmarke. Die sog. „Lipman Postal Cards“ waren schlicht, nur mit einer dekorativen Umrahmung – die Adresse wurde auf die eine Seite der Karte geschrieben und die Nachricht auf die andere Seite. Ab 1865 gab es die Postkarte auch in Deutschland und ab dem 01. Oktober 1869 offiziell auch in Österreich-Ungarn, wo sie allerdings als sog. Correspondenzkarte eingeführt wurde.
1900 – Postkarte wird zum Facebook der Jahrhundertwende
In dieser Ära wurden die Postkarten zu einem Phänomen – das Äquivalent vom Social-Networking heute. Sie wurden für alle Arten von Kommunikation verwendet und das nicht nur im Urlaub. Gleichzeitig hatten die individuellen Designs der Postkarten begonnen sich mehr und mehr aufwändiger zu gestalten. Die Generation der frühen 1900er Jahre machte einen regelrechten Hype um diese Neuheit namens Postkarte.
1914-18 – Nachricht von der Front
Während des Ersten Weltkrieges, schickten Soldaten ihren Liebsten ebenfalls Postkarten. Sie dienten der Kommunikation nach „draußen“ und gleichzeitig wurden sie zu Erinnerungsstücken sowohl für den Absender, als auch für den Adressaten. Die Feldpost war überraschend schnell. Für die Soldaten waren Postkarten (über)lebensnotwendig, für deren Familien wie Balsam für die Seele.
1920 – Senden Sie ein Lachen!
In den 1920er Jahren war der Humor ein wesentliches Merkmal vor allem der britischen Postkarten. Der Urlaub am Meer wurde als „Kleiderentledigung die zur Massenbewegung wird“ dargestellt.
1950 – Zensur
Während des ersten Weltkriegs, vor allem während der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs wurden Post- und Ansichtskarten für Propagandazwecke missbraucht. Heutzutage dienen diese jedoch als historische Quellen. Im zweiten Weltkrieg hatten Postkarten nicht mehr annähernd die gleiche Bedeutung wie im ersten Weltkrieg, zumindest nicht als Feldpost.
1960/70er Jahre – Die Ära der langweiligen Postkarte
In den 60er Jahren waren Postkarten dann mittlerweile so beliebt, daß sie für Motive verwendet wurden, um einfach alles und irgendwas zu feiern. Vom absolut spannenden Thema des Baus einer neuen Autobahn bis hin zu der Eröffnung von einer neuen Siedlung oder Bushaltestelle. Fotograf Martin Parr sammelte Hunderte dieser Postkarten, aus denen sich eine faszinierende Aufzeichnung ergibt, wie z.B. Großbritannien sich in der Nachkriegszeit verändert hat. Er veröffentlichte sie in seinem „Boring Postcards“ Buch.
1980er Jahre – Au Backe!
In den 80er Jahren war man dann besonders mutig, denn unanständige Urlaubspostkarten wurden zum absoluten Renner. Im Gegensatz dazu liefen die schönen Postkarten mit Landschaftsaufnahmen von der Costa del Sol bis hin zu den Balearen Gefahr als verstaubte, vergilbte Ladenhüter zu enden.
Angesagt waren nun Postkarten mit schamlosen Nackedeis, eindeutig anstößigen Motiven und frechen Sprüchen. Sie verkauften sich kübelweise.
2011 –
Digitale Fotografie, Flickr und Facebook stellen die größten Gefahren für die Postkarte dar – seit ihrer Entstehung vor 150 Jahren. Doch dieses Jahr gab es mit Sicherheit eine Sache, woran vor allem Postkarten-Verkäufer in England, speziell London ihre wahre Freude hatten: William und Kates Hochzeit. Am beliebtesten in London sind übrigens Postkarten mit dem Motiv der Queen, die dann lt. Londoner Postkartenverkäufern am meisten von amerikanischen Touristen gekauft werden.
Na bitte, geht doch! Und? Haben Sie dieses Jahr schon eine Postkarte verschickt oder eine bekommen? Wetten, daß….?! Es lebe die gute alte Postkarte, auf daß sie noch lange um die Welt reist.
Quelle: lonely planet
Schön! der Artikel über die „echte Postkarte“, über die sich, da bin ich ziemlich sicher, auch heute, im digitalen Zeitalter, noch jedermann freut. Endlich mal keine Rechnung oder Werbung!
Auch keine Email, sondern so richtig „was zum Anfassen“ auch gerne in der Küche an der Magnet-Pinwand (z.B. Kühlschrank) drapiert. Ich kenne da so den ein oder anderen, der das auch mag 😉
der beitrag ist spitze! ich selber schicke auch immer wieder gerne postkarten wenn ich auf urlaub bin bzw. freue mich, wenn jemand an mich denkt und mir eine schickt!