Schon mal die eigene Hand kopiert? Oder vielleicht irgend einen anderen Körperteil? Wir wollen da ja nicht so sehr ins Detail gehen,aber wenn Ihnen das bekannt vorkommt, dann ist sicher die folgende Ausstellung interessant für Sie.
Ab 5. Oktober gibt es im Schloss Spitz an der Donau die Fotoausstellung wachau_scans von Kurt Hörbst zu sehen. Der österreichische Künstler erstellt mit einem eigens konstruierten Riesenscanner Ganzkörperportraits von Menschen, die sich mit der Wachau verbunden fühlen.
Portraits einmal anders
Auf Schienen fährt die Kamera über ihre Modelle. Die liegen ganz entspannt, wie auf einer Sonnenbank, unter dem Ganzkörper-Scanner. Mit einer hochauflösenden Digitalkamera und mit Hilfe eines Schienensystems werden Menschen in bis zu 20 Einzelaufnahmen systematisch bei gleichbleibenden Lichtverhältnissen abgescannt, die zum Finsih in einem Bildbearbeitungsprogramm manuell zusammengesetzt werden. Das Modell verliert dabei jeglichen Bewegungsspielraum und ist während dieser Aufnahmephase gezwungen, sich wie vor über 100 Jahren für die Dauer der Aufnahmen dem Fotografen völlig auszusetzen – diesmal jedoch auf dem Boden liegend. Bereits in anderen Städten hat der Fotokünstler mit seinem Riesenscanner Menschen in Venedig, Beijing und Darmstadt lebensgroß portraitiert und die Ergebnisse anschließend ausgestellt.
Dabei irritieren die Scans von Kurt Hörbst den Betrachter. Auf den ersten Blick scheint es nämlich, als ob die Modelle stehen. Beim genaueren Hinsehen, erkennt man aber, daß die Personen liegend fotografiert wurden. Verraten wird dies durch verschiedene Details, wie etwa die Fußstellung. Man erkennt es ebenso an der Ruhestellung von Armen und Beinen, aber auch am Faltenwurf der Kleidung oder dem Verlauf der Haare. Nebenbei bemerkt eine ziemlich spannende Geschichte diese verräterischen Merkmale zu entdecken.
Liegend fotografiert erscheinen die Objekte fast schwebend, und damit ihrem Alltag und ihrem normalen Umfeld entrückt. Dabei entsteht eine gewisse fotografisch eingefangene Steifheit, die trotz modernster Aufnahmetechnik an die frühe Portraitfotografie erinnert.
Moderne Technik versus traditionelle Verfahren
Mit seinem Projekt people_scans entschleunigt Kurt Hörbst die Portraitfotografie der Gegenwart und setzt einen bewussten Kontrapunkt zu schnell geschossenen Handyfotos. Bei den horizontal aufgenommenen und vertikal präsentierten Fotografien verbindet der Künstler die Notwendigkeit der völligen Bewegungslosigkeit historischer Portraitfotografie mit modernster Digitaltechnik und schafft so einzigartige visuelle Erlebnisse. „Es ist besonders reizvoll, dieses Projekt in einer Region zu realisieren, in der man es mit einer Fülle an Klischees zu tun hat“, erklärt Hörbst die Besonderheit seiner Arbeit in der Wachau: „So gesehen ist es für mich im Grunde eine Suche nach den Menschen, die abseits von Mariandl-Idyll (stellvertretend dafür: ein Riesenscan von Waltraud Haas, siehe rechts oben) und weintouristischer Imagewerbung tatsächlich in dieser Landschaft leben und diese letztlich auch als das erhalten, was sie weltweit so berühmt macht.“
Der 1972 in Oberösterreich geborene Künstler Kurt Hörbst befasst sich schon seit Langem mit der Geschichte und den Möglichkeiten der Fotografie. Als einer der Mitbegründer der Prager Fotoschule in Österreich unterrichtet er dort seit 1996 „Geschichte der Fotografie“.
In einer von Monika Obermeier kuratierten Ausstellung ist die Fotoserie wachau_scans in der temporären Fotogalerie im Spitzer Schloss zu sehen. Zusätzlich werden Filme über die Arbeit von Kurt Hörbst in Venedig, Darmstadt und Wien sowie Fotostrecken aus Venedig, Wien, Darmstadt, Moosburg, Gelsenkirchen und Beijing gezeigt.
wachau_scans von Kurt Hörbst
zu sehen von 5. Oktober bis 17. Dezember 2014
Temporäre Fotogalerie Schloss Spitz
Spitz, Schlossgasse 3, im Kellergewölbe
Öffnungszeiten: Fr 15-19 Uhr, Sa und So 10-17 Uhr – Eintritt frei
Versissage am 5. Oktober 2014 um 11 Uhr
Besucherinformation: +43 664 237 75 70