Flöte ohne Zauber

Eine gigantische Bühne. Eine traumhafte Kulisse. Eine Zauberflöte. Als wir die endlos lange Passage hinunter in den Römersteinbruch, mit tausend anderen begeisterten Opernfans schreiten, tauchen wir voller Vorfreude in die Welt des Manfed Waba ein.
Der gut 20 Meter hohe Löwenkopf dominiert das Bühnenbild. Dahinter verbirgt sich die Nachbildung der sagenumwobenen Stadt Petra in Jordanien, die sich vollkommen an die Sandsteinwände lehnt. Was für ein Kulisse. Der Zauber plumpst allerdings gleich zu Beginn wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, nachdem das Publikum die doppelte Ladung Laudatio und zwar von Landeshauptmann und dessen Stellvertreter erhält, inklusive deren Interpretation von Mozart und Zauberflöte. Aber so ist das halt auf der Premiere, in Mörbisch dauert die politische Ouvertüre anscheinend noch länger, wie wir gehört haben.

In gespannter Erwartung lauscht das Publikum der 6-minütigen diesmal richtigen Ouvertüre. Dann endlich, Tamino stürzt, auf der Flucht vor den Feuer speienden Drachenschlangen, von links auf die Bühne – wird von diesen fast verschluckt. Drei amazonenhafte Damen der Königin der Nacht haben ihren Auftritt und erledigen das Ungetüm. Vor lauter Freude dürfen gut dressierte Brieftauben eine Schleife fliegen, bevor sie Papageno in die bereit gestellte Kiste sperrt -Riesenapplaus- von diesem würde man gerne mehr haben an diesem Premierenabend.

Leider lässt die Inszenierung dies nicht so ganz zu. Statt märchenhaft und spektakulär, verspielt und gewitzt, kontrolliert die Regie die übertrieben eingesetzte Pyrotechnik. Manfred Waba´s Debüt als Regisseur der St. Margarethener Hauptoper, kann man durchaus als nicht gelungen bezeichnen. Mozart’s Singspiel in 2 Akten ist dem Künstler des Bühnenbilds, wie es scheint, dann doch eine Schuhnummer zu groß.

Neben der „Taubenshow“ war das zweite große Highlight des Abends die Königin der Nacht, zur Abwechslung auch gut inszeniert und toll gesungen von Martina Masarykova – doch es war halt nicht der vielgesagte „neue Star am Opernhimmel“ Ekaterina Bakanova, die war nämlich leider an diesem Abend erkrankt. Dietmar Kerschbaum war die Überraschung des Abends und ein überzeugender Tamino, auch stimmlich. Ebenso wie seine Bühnenpartnerin Kristiane Kaiser alias Pamina, die auch schon 2008 als umjubelte Violetta in „La Traviata“ glänzte – heuer tut sie das abermals in St. Margarethen.

Während sich der Löwenkopf spaltet, die Hälften beiseite geschoben werden, die Sicht auf das legendäre Petra freigibt, „schleichen“ sich die Statisten regelrecht auf die Bühne, um die geprobte Formation einzunehmen – alles lautlos, alles ohne Musik, alles dauert ewig. Pamina trifft es auf den Kopf, als sie irgendwann im 2. Akt flüstert: „welch eine fürchterliche Stille!“

Dann kommt was kommen muss: die Pannen. Dem elektrisch betriebenen, übrigens ziemlich unpassenden Boot, geht der Saft aus, bleibt im rechten Bühnenbild hängen. Die Techniker haben vergessen, den Akku aufzuladen. Ein Bühnenarbeiter schleicht  hinter Papagenos Strohhütte herum. In der Szene, wo sich der buntgefiederte Freund erhängen will, reißt er mit dem Strick auch das Mikrofon mit. Aha, daher der dumpfe Ton. Nach der Vorstellung, es ist schon nach 1:00 Uhr, musste Papageno dann noch mal ran und somit alle darauf folgenden Szenen für das Video nachgespielt werden.

Das was aber am meißten gefehlt hat an diesem Abend ist das Gefühl, egal in welcher Weise, ob Liebe, Trauer, Leid oder Komik, es war einfach nichts da – und Mozart, der war auch nicht so richtig da! „Unserem Publikum verspreche ich zauberhafte Momente im Römersteinbruch“, so Wolfgang Werner. Ja, die gab es ja auch schon in St.Margarethen, weiß Gott! Doch dieses Jahr ist es eine Zauberflöte ohne den beliebten Opernfestspiel-Zauber.

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