Lassen Sie sich treiben

Wenn man das Burgund und die Provence kennen lernen will und viel sehen möchte, dann sollte man unbedingt mal eine Flusskreuzfahrt ausprobieren. Natürlich ist alles durchgeplant. Von der Kabine zum Essen, vom Essen zu den Ausflügen, von den Ausflügen zum Schiff. Aber das ist auch gut so, denn nur so bekommt man wirklich viel geboten.

Wie kann man sonst Burgund und die Provence mit allen seinen Highlights in sieben Tagen entdecken? Wenn man alle 10 angebotenen Ausflüge bucht, dann bedeutet das volles Programm, da ist von morgens bis abends Bewegung drin. Die durchgeplanten Ausflüge sind aber kein Muss, denn man kann auch selbst auf Entdeckungsreise gehen. Man sollte sich nur genau überlegen, was man sehen möchte. Avignon, Lyon und vor allem Arles kann man gut auf eigene Faust erkunden.

Das Beaujolais-Gebiet, Burgund und die Camargue sollte man eher mit dem Bus besichtigen, denn dorthin gelangt man nur mit Auto, Moped oder Rad. Aber wer hast das schon mit an Bord?

Individuelle Erkundungen haben den Vorteil, dass man sich gut dem Flair der Städte hingeben kann. Man setzt sich in eines der kleinen, netten Cafés, bestellt einen Cappuccino oder trinkt einen Rosé, der übrigens in der Provence salonfähig mit Eiswürfel serviert wird. Selbst das Bier ist trinkfähig und das heißt was, denn die Franzosen sind gegenüber den Deutschen absolut keine Biertrinker. Daher ist der Preis von € 3,90 für ein Krügerl (0,5 l) fast schon sensationell.

Das Essen an Bord ist bis auf eine Ausnahme super. Die klare Rindsuppe am Mittagstisch lässt jeglichen Geschmack vermissen. Das liegt aber eventuell an den Vorbereitungen für das am Abend folgende Captain‘s Dinner, zu dem man übrigens ein wenig fesch daherkommen sollte –  in Badehose geht gar nicht. Manche Gäste stylen sich sogar richtig auf. Das bringt auch mehr Atmosphäre an Bord und der Anlass dafür passt natürlich auch.

Das Sonnendeck mit Swimmingpool wird von den Gästen leider wenig genutzt. Schade, denn das sollte man auf jeden Fall ausprobieren.

Abendunterhaltung gibt es auch, aber ab 22 Uhr zieht sich das doch etwas ältere Publikum in die Kabine zurück. Doch kein Problem für Nachtschwärmer, denn die Band spielt bis der letzte Gast geht. Auch der Barkeeper bleibt solange. Es ist nicht das Entertainment wie auf den großen Kreuzfahrtschiffen mit 3000 Gästen. Aber wer braucht das hier schon? Das passt auch nicht. Die Flusskreuzfahrt mit der MS Amadeus Provence ist eine Genießer-Fahrt: Essen, Trinken, Kultur – Pur!

Logbuch

1. Tag – Donnerstag – Einschiffung Lyon
Wir sind gerade in Lyon angekommen und haben eingeschifft auf der MS Amadeus Provence in Lyon an der Sâone. Schnell das Gepäck in die Kabine gebracht und das Zimmer begutachtet: Safe, Minibar, begehbarer Schrank, Badezimmer mit großer Dusche und ein riesiges Panoramafenster, das sich öffnen lässt. Am ersten Abend kann man sich am Buffet bedienen. Zur Auswahl stehen Fisch, Fleisch und vegane Speisen. Zum Dessert wird der Gast mit Schoko, Käse und mehr verwöhnt. Es ist 22 Uhr – das Schiff wirft den Motor an und ich lass mich treiben…

2. Tag – Freitag – Macon
Ich bin müde. Habe eine schlaflose Nacht hinter mir, muss mich erst an die Schifffahrt gewöhnen. Vor allem bei den Schleusen wird man gerne munter. Zwischen Lyon und Arles sind es immerhin 12!


Ausflug ins Macon und Beaujolais-Gebiet, mit einer Weinverkostung bereits am Vormittag. Interessant sind hier die Weinberge, denn die Rebstöcke sind viel enger gesetzt als etwa in Österreich und auch viel kleiner – 10.000 Reben werden pro Hektar angebaut. Überhaupt sind die Winzer des Beaujolais sehr heikel was den Rebensaft betrifft. Auf der Flasche steht nicht einfach nur Beaujolais, sondern der Name des Ortes, wo der Wein gelesen und gepresst wurde und wird somit groß angepreist. Tipp für den nächsten Weinkauf: Sollte doch nur Beaujolais auf dem Etikett stehen, dann kommt der Wein aus dem Süden Burgunds – und der ist von weniger guter Qualität. Nachmittags schauen wir in die Abtei von Cluny.

3. Tag – Samstag – Beaune
Das Hôtel-Dieu (franz. Herberge Gottes) aus dem Jahre 1443 wurde einst als Hospiz gegründet. Zu sehen sind Krankenzimmer und alles was dazu gehört. Danach besichtigen wir den Wochenmarkt, der immer samstags stattfindet. Zu haben gibt’s Salami, Käse, Oliven und Trüffel, Trüffel, Trüffel. Eine Weinverkostung darf in dieser berühmten Weinregion ebenfalls nicht fehlen: Chablis, Crémant mit Johannisbeersaft. Pro Flasche gibt´s nur ein Schlückchen. Schade, gerade auf den Geschmack gekommen – und schon wieder vorbei. Weiter geht’s!
Ausflug nach Brancion und Cormation.
Cormation ist bekannt für sein Schloss, eines der prächtigsten im Burgund. Wir schlendern durch die schönen Gassen von Chalon und vergessen die Zeit….

Tipp: Unbedingt pünktlich sein zu den Abfahrtszeiten des Schiffes! Die Fahrtzeiten durch die Schleusen sind fix gebucht. Das Schiff muss zu den geplanten Zeiten dort sein. Kommt man also zu spät, dann kann die Kreuzfahrt schon zu Ende sein, denn der Kapitän wartet nicht. Wir haben Glück – Ivan, Uschi und Ich. Wir schlendern gemütlich durch Chalon und noch gemütlicher zum Schiff zurück. Wild gestikulierend erwarten Cruise Manager Günter Bayer und die Matrosen unser Eintreffen. Kurze Moralpredigt und schon legt das Schiff ab. Während der Kapitän auf der Sâone flussabwärts zurück nach Lyon steuert, dürfen wir das Abendessen genießen – mit Fisch, Fleisch, Veganem und Dessert.

4. Tag – Sonntag – Lyon
Am Zusammenfluss von Sâone und Rhône liegt die Stadt Lyon. Um 9 Uhr beginnt die Stadtrundfahrt zur Basilika Notre-Dame de Fourvière. Die bekannte Wallfahrtskirche liegt auf einem Hügel mit toller Aussicht auf die 500.000 Einwohner Stadt. In der Altstadt entlang der Sâone stellen jeden Sonntag Künstler ihre Bilder aus.

Zurück an Bord gibt es ein richtig gutes Meeresfrüchte-Buffet mit Scampi, Miesmuscheln, Shrimps. Das Schiff fährt diesmal früher los – also bereits nachmittags. Wir treiben hinunter nach Avignon – die Fahrt dauert bis zum Montag Morgen – Schleuse um Schleuse – immer flussabwärts Richtung Mittelmeer – der Sonne entgegen!

Das Sonnendeck ist leider meist geschlossen, weil das Kreuzfahrtschiff – mit immerhin 110 Meter Länge, 11,5 Meter Breite und 6 Meter Höhe über Wasser – gerade noch unter den Brücken hindurch passt. Sogar die Reling muss dazu umgelegt und die Steuerkabine eingefahren werden.

5. Tag – Montag – Avignon
Um 7 Uhr früh wird zur Tagwache gerufen. Wir fahren fahren, fahren noch immer. Dann endlich Ankunft in Avignon. Schnell noch ein Kipferl verschlingen und einen Kaffee trinken. 9 Uhr. Wir ziehen los. Zuerst gehen wir gemütlich durch verwinkelte Gassen bis zum Papstpalast. Zwischen 1309 und 1377 haben 7 Päpste in dem gotischen Bauwerk residiert. Avignon ist die Stadt der Päpste, der Pont d‘Avignon, einer verfallenen Brücke aus dem 12. Jahrhundert und es ist die Stadt der großartigen Mireille Mathieu – das zwitschern die Spatzen von den Dächern.

Foto: Ivan Lukan

Am Nachmittag gilt unser Ausflug dem Aquädukt Pont du Gard: Sie ist das größte noch erhaltene Stück einer einst 50 Kilometer langen Wasserleitung aus der Römerzeit und gilt als antikes Meisterwerk. Beeindruckend! Das dreigeschossige Aquädukt ist 275 Meter lang.

6. Tag – Dienstag – Arles
Die Stadt erlebte seine Blüte unter Kaiser Konstantin. Sie war die Hauptstadt Galliens. Vielleicht kennt der ein oder andere die Stadt von den Asterix und Obelix Comic-Heften. Auch Vincent van Gogh hat hier gewohnt. Die Vorlage für eines seiner berühmten Bilder ist das Nachtcafé – in sonnenblumengelb, wie auch die Fassade des Hospitals, wo ihm das abgeschnittene Ohr wieder angenäht wurde. Rundherum warten Souvenirläden auf Touristen.
Imposant ist das Colosseum, wo das ganze Jahr über Events stattfinden. Ja, auch Stierkämpfe. Bei diesen Kämpfen ist allerdings der Stier der Star. Jedes Hornvieh hat einen Namen: Fritz, Franz oder Charles und der steht groß am Plakat. Den Stier kennt in Arles jeder. Den Torrero? Nicht.

Nachmittags fährt uns der Bus in die Camargue. Ich rutsche am Sitz hin und her. Lange dauert die Fahrt schon. Leider hält der Chauffeur nur 2 Mal kurz für ein Mini-Fotoshooting. Die schöne Landschaft der Camargue zieht rasch vorbei. Durchs Fenster erblicken wir gerade noch ein paar Stiere, erhaschen einige Flamingos und freuen uns über einige weiße Camargue-Pferde in einer Koppel.

Der Bus kann auch schwer anhalten. Und so fahren wir schnell Saintes-Maries-de-la-Mer entgegen, bis ans Mittelmeer. Das Städtchen ist sehr touristisch, viele Souvenirläden beherrschen die Gassen. Dort, wo die Rhône in das Mittelmeer mündet, endet das Abenteuer Flusskreuzfahrt.

7. Tag – Mittwoch – Ardèche
Die Schlucht von Ardèche, auch als Grand Canyon Europas bekannt, gräbt sich bis zu 300 Meter tief in den Kalkstein. Vorbei fliegt das Denkmal und die Sehenswürdigkeit der Ardèche: ein 60 Meter hoher Natursteinbogen, der Vallon-Pont-d’Arc. Der Bus kann nicht halten. Die Passagiere äußern ihren Unmut. Dann fahren wir eben langsam daran vorbei. Schnell das Handy aus der Tasche geholt – schade, der Vallon-Pont-d’Arc ist schon Geschichte. Entschädigt werden wir mit einer tollen Aussicht bei einer Grotte  – wir schauen hinunter auf das Wasser der Ardèche, wie es sich langsam zwischen den Felsen hindurchschlängelt. Lediglich einige Kanus gleiten still dahin.
Zuvor hielten wir für eine Stunde bei einem Lavendel-Museum. Oder schlicht gesagt bei einem Lavendel-Shop, wo es alles zu kaufen gibt, an dem wir schon anderorts achtlos vorbeispazierten. Statt Lavendelöl gönnen wir uns den obligaten Cappuccino um 3.90 Euro im Café nebenan. Den Bus immer im Blick, um nicht wieder zu spät zu sein, wie öfters an den vorangegangen Tagen. Dazu sollte der Leser wissen, daß es in der Provence unhöflich ist, pünktlich zu sein. Ivan, Uschi und Ich sind immer sehr höflich…;-)

Souvenir Empfehlungen:

Lavendel mit Unterschieden: Echter Lavendel und kein Echter. Der echte findet sich in höheren Anbaugebieten und wird auch als Heilmittel eingesetzt.
Kräuter der Provence: 90 Prozent davon kommen aus Asien (China und anderen Ländern). Auch deshalb, weil der Name Kräuter der Provence nicht geschützt ist. Mit Glück lässt sich das Original auftreiben.
Oliven: nach Spanien, Türkei und Griechenland nun auch vive la France.
Zikaden: aus Holz mit Magnet hintendran für den Kühlschrank. Am Rande: da haben sich doch wirklich Touristen aufgeregt wegen dem lauten Zirpen der niedlichen Tierchen…

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