Die Narrenburg

Wie verrückt muss ein Mann sein, der sich zeitlebens mit nichts anderem beschäftigt als dem Bau einer eigenen Burg? Die Boulevardpresse in  Ungarn gab seinem Bauwerk einen wenig schmeichelhaften Spitznamen: „Die Narrenburg!“  Zu Unrecht, denn Stephen Taródi schuf mit der Taródi Burg ein Konstrukt, das mittlerweile zu den Soproner Sehenswürdigkeiten zählt. Die Burg hat alles, was eben so zu einer Burg gehört: Zugbrücke, Türme, Wendeltreppen, Garten und Löwenkopf. Vollendet ist sie aber noch nicht. Im vorigen Jahr segnete Stephen Taródi im 85. Lebensjahr das Zeitliche. Nun arbeiten seine 2 Söhne, Stephen und Tibor, weiter an diesem gigantischen Bauwerk. Aber wie lange noch? Die Burg beginnt langsam zu zerbröckeln und die Regierung in Sopron rührt auch keinen Finger, um sie wenigstens als Museum zu erhalten.

Die Anfänge

Begonnen hat alles im Jahre 1945. Taródi Stephen war gerade 20 Jahre alt, als er auf dem Grundstück seiner Eltern die erste Burg am „Löver“ baute. Dies war eine acht Meter hohe Holzburg. Er wollte mehr. Schließlich erwarb er 1951 den angrenzenden Obstgarten. Das gesamte Areal umfasste nun ein Fläche von 2500 m², wobei die unvollendete Burg mit den 2 runden Türmen – der Größere davon misst 20 Meter – heute gut die Hälfte der Fläche einnimmt.

Als Taródi mit dem Bau begann, dachten viele Leute er habe den Verstand verloren. Anfangs schuf der die Steine allein mit einem Motorradgespann den Löverberg hinauf.  Man kann sich kaum vorstellen, wie  jemand nur mit seinen bloßen Händen, in einem damals kommunistischen Regime, so ein Vorhaben in die Gänge bringt. Aber da ist die Familie Taródi sozusagen durchgerutscht. Warum er denn eigentlich im 20. Jahrhundert eine Burg errichte, wurde Taródi Stephen einmal gefragt. „Freizeit nützlich verbringen. Ich brauche spielerische Arbeit. Aber alles mit Liebe. Und letztlich ist es für Gesundheit und Ausdauer gut“, so die einfache Antwort.

Jahrelang rasselte der Wecker bereits um fünf Uhr morgens. Den Tagesplan vorbereiten, dann zur offiziellen Arbeit, danach Stück für Stück an der Burg weiterbauen, bis um 22 Uhr der Zapfenstreich bließ. Über 200 Triebwägen befüllt mit Ziegeln und Granit wurden entladen. Meist allein, manchmal mit seinen Söhnen. Einmal dachte Stephen Taródi sogar ans Aufhören. Finale. 1986. Vor dem Schlafengehen. Da war es aber bereits zu spät. Aufhören konnte der Träumer und Fantast nicht mehr. Nicht bis zu seinem Tode im vorigen Jahr. Über sein Lebenswerk ist 2007  ein Buch erschienen:  „Der Bau der Sopron Taródi Burg.“

Teilweise erscheint die Burg wie eine Märchenburg

Der Schlossgarten gehört zum Teile zu den 1753 gegründeten Obstgärten. Das Klima der pannonischen Region und der nahrhafte Boden ließen Kastanienbäume und Pflanzen ohne weitere Pflege frei wachsen. Überqueren Sie danach die Zugbrücke ragt der Wachturm 16 Meter vor Ihnen in den Himmel. Eine Wendeltreppe führt hinauf zu einem versteckten Zimmer. Die beiden zylindrischen Türme (16m, 20m)  sind ebenfalls über eine Wendeltreppe zu besteigen.

Über den Burghof gelangen Sie zu einem Wohnbereich. Im Erdgeschoss befindet sich eine große hölzerne Weinpresse aus dem Jahre 1811. Im Obergeschoss tummelt sich ein Sammelsurium aus Wappen, Fotos, Gemälden und anderen suspekten Gegenständen.

Weiter über den Burghof kommen Sie zu einem 200 Meter langen Tunnel. Breit genug um einen Schubkarren hindurchzuschieben.

Verlassen die Besucher die Festung, fragen sich die meisten, wie jemand 50 Jahre lang an so einem Bollwerk freiwillig schuften kann. Aus welchem Grund? Viele Fragen warten auf Antworten. „Sinnvolle Freizeitgestaltung“. Das werden wenige begreifen!

Ein Teil der Burg ist heute öffentlich zugänglich. Allerdings nur zu Zeiten an denen die Besitzer eben zu Hause sind, die wohnen nämlich nach wie vor in dem monströsen Anwesen. Für die wenigen Forint, die Sie für den Eintritt bezahlen, bekommen Sie junge, verrrückte Geschichte und einen wunderbaren Ausblick auf die pannonische Tiefebene, die Rosalia und die ältere Schwester – Burg Forchtenstein!

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