Braucht der Neusiedler See bald Wasser aus der Donau?

Der Neusiedler See ist immer für eine Schlagzeile gut. Diesmal geht es, wie schon die letzten Jahre, um den niedrigen Wasserstand. Die heißen Sommer und der geringe Niederschlag im Winter, lassen ein Austrocknen des Steppensees im nächsten Jahrzehnt oder früher befürchten. Derzeit beträgt die mittlere Tiefe 1,28 Meter; es gab aber schon Zeiten da lag diese bei 2 Meter. Eine Lösung heißt: Wasser aus der Donau in den See leiten.

Zweimal soll der Neusiedler See schon trocken gewesen sein. Das letzte Mal stand er von 1885 bis 1870 ohne Wasser da. Aber der drittgrößte See Europas – nach Bodensee und Plattensee – kann sich auch ausbreiten. Seine größte Ausdehnung erreichte er Ende des 17. Jahrhunderts. Am Seehof in Rust ist jene Markierung aus dem Jahre 1677 zu sehen. Zwischen Illmitz und Rust war der See damals 7.2 Kilometer breit. Heute liegen an breitester Stelle 8 Kilometer zwischen Ost- und Westufer – ohne Schilfgürtel.
1736 war der Wasserstand dann wieder so niedrig, dass sogar ein Ruster mitten durch den See nach Illmitz spazieren konnte.

Dann die 1920er Jahre. Sie veränderten das Leben am See wesentlich. Erholungssuchende liebten das romantische, an Naturschönheiten reiche Gebiet. In den umliegenden Dörfern begann ein schwungvoller Fremdenverkehr. Besonders Wiener kamen in Scharen. Unter den Einheimischen verbreitete sich rasch der Name „Meer der Wiener“.
1928 begann das Wasser allmählich wieder zu sinken und ein ein paar Jahre später war es mit dem Tourismus schon wieder vorbei. Weil die Bade-Lustigen statt Wasser nur mehr Schlamm vorfanden, taufte man den See kurzerhand in „Moor der Wiener“ um. In den 1950er Jahren kam der Tourismus wieder in Schwung.

Der Neusiedler See verändert sein Gesicht nach Belieben. Einmal trocken liegend, dann wieder das Land überschwemmend, lässt er sich schwer zähmen. Pläne, das eigenwillige Gewässer in den Griff zu bekommen, liegen mehrere vor. Einer davon wurde 1909 finalisiert: Der Einser-Kanal – eine Schleuse auf ungarischer Seite – reguliert das Hochwasser des abflusslosen Sees. Damit werden gegenwärtig Überschwemmungen von ganzen Ortschaften in unmittelbarer Seenähe verhindert.

Auch war schon einmal die Rede von einer kompletten Trockenlegung. Einer anderen Idee zufolge sollte ein Damm an der engsten Stelle zwischen Illmitz und Mörbisch gebaut werden. Den abgetrennten kleineren Teil wollte man als Fischteich nutzen.

Zu guter letzt wird an heißen Sommertagen ein Plan von den Behörden besonders gerne aufgewärmt: Weil der See nur von den Bächen Wulka und Rákos gespeist wird und mehr Wasser an der Oberfläche verdampft als rein fließt, soll Wasser aus der Donau in den Neusiedler See geleitet werden. Damit wird ein Austrocknen des mindestens 20.000 Jahre alten Seebeckens verhindert, meinen Experten.

Entschließt sich der See hingegen in naher Zukunft abermals zu einer Wasser-Abstinenz, was wird dann aus den Seebädern, aus dem Wein, aus dem Paprika, aus dem Fremdenverkehr? Schlussendlich will man nicht nochmals „Moor der Wiener“ genannt werden“! Obwohl, ich finde an dieser Besonderheit durchaus gefallen!

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Der Neusiedlersee ist ein Steppensee und der hat seine Eigenheiten – z.B. von Zeit zu Zeit auszutrocknen. Er ist im Laufe der Geschichte schon öfters ausgetrocknet, aber das Wasser kam immer wieder. So sollte es auch bleiben, auch im Interesse des Tourismus.