Die Blutgräfin – Plädoyer für eine Mörderin

Sie wurde Gräfin Dracula genannt, mit ihr verbinden sich blutige Legenden, über sie wurden Horrorfilme gedreht und sie ging in das Guinness Buch der Rekorde als Mörderin mit den meisten Opfern ein – Gräfin Elisabeth/Erzsébet Báthory.

Burg Schächtitz

Anno Domini 1614: In Schächtitz (heute Cachtice, Slowakei, rund 100 Kilometer östlich von Bratislava) stirbt Elisabeth Bathory. Sie ist seit drei Jahren in ihrer Burg eingesperrt, als Strafe für ihre „Missetaten“. Kurz vor ihrem Tod hatte sie zu Gunsten ihrer Kinder noch ein Testament errichten können. Elisabeth Bathory wurde im Jahr 1560 geboren, das genaue Datum ist nicht bekannt. Der Vater war Georg Bathory von Ecséd, die Mutter Anna Bathory von Somlyó, Schwester des regierenden polnischen Königs Stephan Bathory. Mit elf Jahren wurde Elisabeth mit dem 16 jährigen Franz II. Nadasdy verlobt. Am 9. Mai 1575 heiratete sie Nadasdy, dem zu Liebe sie zum Protestantismus konvertierte. Als Mitgift erhielt Nadasdy Schloss und Herrschaft Schächtitz in Oberungarn.

Das Ehepaar lebte auf Schloss Sarvar, wo auch Elisabeth im Alter von 25 Jahren ihr erstes Kind, Tochter Anna zur Welt brachte. 1598 wurde Paul, der Haupterbe der Bathory/Nadasdy geboren. Durch das Erbe von Stephan Bathory und ihres Gatten Franz, der am 4. Jänner 1604 verstorben war, wurde sie zur größten Gutsbesitzerin und reichsten Frau von Oberungarn und Siebenbürgen.

Ein Großneffe von Elisabeth wurde wenige Jahre später Woiwode (Fürst) von Transsylvanien. Neben ihren Besitzungen u.a. in Pistian, Sarvar, Ödenburg, der Burg Theben, Lockenhaus besaß sie auch zwei Stadtpalais in Wien. Die strategisch wichtigen Burgen, die sie neben den Ländereien besaß, waren den Habsburgern stets ein Dorn im Auge. Solange allerdings Kaiser Rudolf II. lebte, hatte Elisabeth trotz ihres Protestantismus ein gutes Verhältnis zum Herrscherhaus. Vielleicht auch durch die Schulden, die der Kaiser bei ihr hatte. Als sie vom Nachfolger Matthias II. Bezahlung verlangte – es hatten sich immerhin schon 17 408 Gulden angehäuft (nach heutiger Währung ca. 2 Millionen Euro) – kam der Kaiser ihren Forderungen nicht nach, im Gegenteil, wie sich auf Grund der jüngsten Forschungen ergibt, dürfte zu dieser Zeit der Plan entstanden sein sie zu einem blutrünstigen Monster zu machen.

Schloss Savar

Die Gräfin war schon zur Zeit der Ehe auf Schloss Sarvar für ihre Unbeherrschtheit bekannt: Sie schlug Dienerinnen, fügte ihnen mit Holzscheiten Verletzungen zu und ließ ihre Bedienten für schnelleres Arbeiten die Kleider ablegen.

1611, nachdem sie nach Schächtitz übersiedelt war, wurde sie von Graf Thurzo von Bethlenfalva wegen vielfachen Mordes verhaftet und unter Hausarrest gestellt. Schon seit geraumer Zeit war weibliches Personal (die Gräfin hatte zuerst immer nur jungfräuliche Bauernmädchen in ihre Dienste gestellt, später auch Adelige) verschwunden. Die Bauern von Schächtitz, vor allem der Pfarrer, bezichtigten die Gräfin des Mordes, allerdings wurden die Leichen in der Gemeinde nicht gefunden!

Kaiser Matthias wollte die Báthory hinrichten lassen, doch Graf Thurzo verhinderte dies: Ein Zugriff auf die Ländereien und Besitzungen dürfte, da es sich nicht um Hochverrat, sondern um „gewöhnliche“ Morde handelte, nicht möglich gewesen sein. Graf Thurzo wollte die Gräfin am Leben in Haft erhalten um über ein Testament an die Besitztümer heranzukommen. Aus den Prozessakten ist ersichtlich, das die Zeugen und die beschuldigten „Mittäter“, eine Zofe, die Wäscherin, der Burgvogt unter Folter ausgesagt hatten (die Worte „per tortura“ wurden später in den Gerichtsakten durchgestrichen). Die Mittäter wurden hingerichtet, nur die Wäscherin weiter in Haft belassen, sie dürfte die Hauptbelastungszeugin der Gräfin gewesen sein.

Warum also Blutgräfin?

Gräfin Báthory (Filmbild)

Um 1720 fand der Jesuiten-Pater László Turóczi auf einem Dachboden eines ungarischen Kastells (!) die Verhörprotokolle aus dem Bathory Prozess. 1729 veröffentlichte er sein Resümee: Sie habe im Blut gebadet um für ihre Geliebten, die es nach dem Tod Franz II. Nadasdy nachweislich gab, jung und schön zu sein. 650 Frauen seien dabei ums Leben gekommen. Das Werk wurde unter dem Titel „Ungaria suis cum regibus compendio data“ veröffentlicht. Darin wurde sie zur blutrünstigen Hexe, Massenmörderin und damit auch zum hervorragenden Vorbild für die Horrorliteratur und die Filme unserer Tage. Unter den Verfilmungen sind insbesondere die Hammer-Filmproduktion „Comtesse des Grauens“ mit Ingrid Pitt, „Unmoralische Geschichten“ von Walerian Borowczyk mit Paloma Picasso in der Rolle der Gräfin hervorzuheben.

Erstmals 1984 kamen auch Stimmen auf, die von Bathorys Blut-Unschuld überzeugt waren, der Historiker László Nagy in Ungarn und Tony Thorne vom Kings College in London, die auf Grund manipulierter Zeugenaussagen eine Intrige des Hauses Habsburg unter Federführung von Graf Thurzo sehen. Eine Verfilmung des Bathory Themas aus dem Jahre 2009 „Die Gräfin“ von Julie Delpy schließt sich den neueren Behauptungen an.

Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass durch die Testamentserrichtung während der Haft der Gräfin als Haupterbe ihr Sohn Paul eingesetzt wurde. Jedoch starb dieser bald, die volle Härte des Herrschers traf den Enkel der Gräfin, Franz III. Nadasdy. Ihm wurde später wegen Hochverrats der Prozess gemacht, sämtliche Ländereien und Besitzungen der Báthory wurden eingezogen und auch die Staatsschuld von Kaiser Matthias wurde auf diese Weise „getilgt“.

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